Aussteller & Produkte

Beim Automatisierungsspezialisten Festo steht das Jahr 2024 ganz im Zeichen der Biologisierung. Beispielsweise präsentieren die Schwaben mit dem Exponat „BionicHydrogenBattery“ ein einzigartiges Konzept für die einfache Speicherung und den sicheren Transport von Wasserstoff mit Hilfe von Bakterien. Zudem hat das Unternehmen gezeigt, wie mit einer Vielzahl an Komponenten und Lösungen aus dem Festo Produktportfolio industrielle Bioprozesse langfristig effizient betrieben werden können. Darüber hinaus engagiert sich Festo in der Biologisierung als Lernfeld: mit modularen Lernsystemen, einer IHK-Zusatzqualifikation und der Entwicklung eines Studiengangs „Biomechatronik“.

Kleinste Fabrik künftig in biologischer Zelle zu finden

Das erklärte Ziel von Festo ist es, mit der hauseigenen Automatisierungstechnik klimaschonende Lösungen zu liefern und dadurch zur Verbesserung der Lebensqualität heutiger und kommender Generationen beizutragen. Daher beschäftigt sich das Unternehmen intensiv damit, wie Prozesse mit geringerem Materialverbrauch und mehr Recycling ablaufen und welche alternativen Materialien zum Einsatz kommen können. Besonders vielversprechend ist laut Festo, die Biologie als Aufgabenfeld für die Automatisierung zu erschließen. So soll die kleinste Fabrik der Zukunft in einer biologischen Zelle zu finden sein.

Biologische Prozesse wirtschaftlich nutzbar machen

Biologische Prozesse, die in der Natur viel Zeit benötigen, sollen sich mit Hilfe von Automatisierungstechnik beschleunigen, skalieren und damit wirtschaftlich nutzbar machen lassen. Durch das Zusammenspiel von langjähriger Erfahrung und hoch entwickelter Technologie nimmt Festo dabei eine Leitfunktion ein und zeigt, was mit Automatisierung sowie ausgefeilter Steuerungs- und Regelungstechnik im Bereich der Biologisierung möglich ist. Nach den Bioreaktoren „PhotoBionicCell“ (2022) und „BionicCellFactory“ (2023), bei denen es um die Kultivierung von Algen ging, beschäftigt sich Festo mit seinem aktuellen Projekt „BionicHydrogenBattery“ mit einem der Energieträger von morgen: Wasserstoff.

Sichere Speicherung und Transport von Wasserstoff mit Hilfe von Bakterien

Wasserstoff kann nach aktuellem Stand nur mit Verfahren sicher und platzsparend gespeichert und transportiert werden, die extrem hohe oder niedrige Temperaturen und hohe Drücke von 150-700 bar benötigen. Dafür ist sehr viel Energie notwendig. Mit dem vollautomatisierten biotechnologischen System „BionicHydrogenBattery“ zeigt Festo einen völlig neuen Lösungsansatz: Der volatile Stoff wird mit Hilfe von Bakterien risikoarm und energieeffizient in Ameisensäure umgewandelt – und das bei vergleichsweise niedrigen Temperaturen um 65 Grad Celsius und geringem Druck von 1,5 bar. Die Säure lässt sich problemlos speichern und transportieren. Am Zielort kehren die gleichen Bakterien den Prozess um und zerlegen die Säure wieder zu Kohlendioxid und Wasserstoff. Während letzterer zur Stromerzeugung verwendet werden kann, könnte das hoch reine CO2 weiter verwertet und etwa in der Getränkeindustrie eingesetzt werden. Im Exponat wird es im Sinne einer Kreislaufwirtschaft zurückgeführt und erneut für die Produktion der Ameisensäure genutzt.

Universitäre Grundlagenforschung als Basis

Kern des biologischen Prozesses ist das Bakterium Thermoanaerobacter kivui (T. kivui). Diese Bakterien verfügen über ein besonderes Enzym, das sie in die Lage versetzt, Wasserstoff und CO2 in Ameisensäure zu überführen. Entdeckt und grundlegend erforscht wurde dieser Prozess vom Team um Prof. Dr. Volker Müller, Leiter der Abteilung „Molekulare Mikrobiologie und Bioenergetik“ an der Goethe-Universität Frankfurt, mit dem das Team von Festo in dem Projekt eng zusammenarbeitet. „Wasserstoff ist einer der Energieträger der Zukunft, der unter anderem für die Erzeugung von sauberem Strom eine wichtige Rolle spielen wird. Mit unserem Konzept leisten wir einen Beitrag, dieses Potenzial wirtschaftlich nutzbar zu machen“, so Dr. Michael Sinsbeck, Leiter Bionic Projects bei Festo.

BioTech Automation: Reaktoren für Algen und Bakterien

Generell werden Bioprozesse immer wichtiger für die Industrie, da sie nachhaltige Alternativen zu herkömmlich hergestellten Produkten bieten. „Neben Algen können wir auch viele andere Organismen verwenden, die aus nachwachsenden Ressourcen zum Beispiel Lebensmittel, Biotreibstoff oder Biokunststoffe herstellen“, sagt Dr. Elias Knubben, Leiter Forschung und Innovation bei Festo. Festo präsentierte in diesem Kontext auf der HANNOVER MESSE 2024 eine Übersicht der bereits erhältlichen Komponenten und Lösungen anhand ausgewählter Kultivierungsprozesse, die in zwei Bioreaktoren dargestellt werden: einem Algen-Reaktor (FPA, Subitec) am Beispiel von Chlorella vulgaris sowie einem Edelstahl-Reaktor für die Kultivierung von Mikroorganismen wie E. coli.

Produkte für den wachsenden Markt der Biologisierung

„Mit unserem Produktportfolio können wir schon jetzt an vielen Stellen den wachsenden Markt der Biologisierung bedienen, insbesondere bei der Begasung, beim Handling von Flüssigkeiten sowie bei der ganzheitlichen Automatisierung von Bioreaktoren“, sagt Ralf Kapfhamer, bei Festo verantwortlich im Bereich Advanced Development Biotech and Process Automation. Eine zentrale Rolle in diesem Produktportfolio spielt die neue Ventilinsel VTUX, die eine Ansteuerung der pneumatischen Ventile an Bioreaktoren ermöglicht.

Biologisierung als Lernfeld: neues Ausbildungsmodul und Studiengang

Um Bioprozesse in technische Verfahren integrieren zu können, wird Wissen aus den Bereichen Elektrotechnik, Mechanik, Informatik und Biotechnologie benötigt. Daraus ergibt sich ein neues Berufsbild: der Biomechatroniker. In einem von Festo entwickelten modularen Lernkonzept, dem Lern-Reaktor, wird dieses Wissen mittels kombinierter Hard- und Software vermittelt.

Zusatzqualifikation „Klimaschutz und nachhaltige Entwicklung“

Den neuen Herausforderungen im Bereich Biologisierung begegnet Festo aber nicht nur von technischer Seite, das Unternehmen behält als Marktführer in der technischen Aus- und Weiterbildung auch die künftig notwendigen Qualifikationen im Blick. Im Bereich der eigenen Berufsausbildung hat Festo deshalb gemeinsam mit der IHK Region Stuttgart die Zusatzqualifikation „Klimaschutz und nachhaltige Entwicklung“ auf den Weg gebracht. Sie richtet sich an viele Ausbildungsberufe. Insbesondere für die gewerblich-technischen und kaufmännischen Auszubildenden wird es ein Modul „Automatisierung der Biologischen Transformation“ geben. Festo wird Teile davon in seinem Ausbildungszentrum abdecken und mit eigenen Auszubildenden an den Start gehen.

Neuer Studiengang Biomechatronik

Auch in der Hochschulbildung gibt es konkrete Pläne: „Wir bilden die Fachkräfte der Zukunft aus. Daher entwerfen wir derzeit mit der Hochschule Reutlingen einen neuen Studiengang Biomechatronik, in dem biologische und technische Inhalte mit dem Fokus auf die Zelle als kleinste Fabrik der Welt verknüpft werden. Die Studierenden werden bei uns vor allem die technischen Fähigkeiten lernen können“, sagt Stefan Dietl, Leiter der Ausbildung bei Festo. Hier soll der neue Lern-Reaktor ebenfalls Anwendung finden.

Video