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Wir erreichen ihn am späten Abend in Sydney an seiner Hochschule der University of New South Wales. Walsh ist gefragt. Doch im Moment beschäftigt Walsh eigentlich nur eine Frage: "Wie schlagen wir die Deutschen beim Robofußball?", scherzt er. Australien hat es wieder nicht geschafft. Der Wissenschaftler wirkt ein wenig enttäuscht. Im Halbfinale war Schluss. Walsh kommt dann aber ziemlich schnell zu seinem eigentlichen Hauptanliegen. "Irgendwann werden die Roboter sogar gegen die Menschen beim Fußball gewinnen." KI überholt den Menschen?

Dahinter steht die Annahme, dass im Jahre 2062 die Künstliche Intelligenz auf Augenhöhe mit dem Menschen sein wird. Der Australier befürwortet diese Entwicklung nicht unbedingt. Er fordert Grenzen zu ziehen. Der Wissenschaftler setzt auf regelbasierte Systeme im Hintergrund, die von Menschen für Menschen entwickelt worden sind.

Walsh ist überzeugt: Autonomes Fahren mit Level 5 wird kommen. "Das können wir den Systemen beibringen, doch wollen wir den Systemen das überlassen?" Machine Learning und Regeln gehören für ihn zusammen. "Aber vielleicht haben wir irgendwann auch Systeme, die besser sind als unsere regelbasierten Ansätze." Im Moment bremst die Maschinenrichtlinie diese Visionen aber noch aus.

Vertrauenswürdige KI

Doch wie kann die Industrie profitieren? "Wir können schon sehr viel mit KI tun." Bei menschenähnlichen Maschinen sei die Öffentlichkeit optimistischer als er und seine Kolleginnen und Kollegen. "Aber KI hilft heute dem Arzt, wir können Probleme bei Turbinen schneller erkennen. Das ist toll und deshalb finde ich es auch nicht schlimm, dass menschenähnliche Systeme noch weit weg sind. Wir werden in vielen Industrie-bereichen noch tolle Anwendungen erleben dürfen." Und dann kommt er doch wieder zum Fußball zurück.

"Ihr seid die Weltmeister im Robofußball, aber die Deutschen übertragen das Wissen aus den Erfolgen nicht in die Industrie. Da sind andere mittlerweile viel schneller. Deutschland ist immer Favorit im Fußball - mit Robotern und Menschen, aber andere Nationen holen auf - auch wir Australier", lacht Walsh und kann nur den Robofußball meinen. "You have to beat the Germans" - wie lange noch? Fehlt das Geld in Deutschland? "Allein das chinesische Unternehmen Alibaba investiert 15 Milliarden US-Dollar in KI. Deutschland allein nur fünf Milliarden." Dass viele Mittelständler in Deutschland neben dem Staat auch investieren, erwähnt er nicht. Das soll nicht relativieren. Walsh hat recht, wenn er mehr finanzielles Engagement vom Staat fordert.

Doch der Blick des Australiers ist noch ein anderer: "Europa ist der größte Markt der Welt. Das vergesst ihr oft. Klar, er ist fragmentierter und es gibt weniger Daten. Aber Europa hat die Chance, Spitzenreiter im Bereich multilingualer KI zu werden."

Ein weiterer Punkt: Vertrauen. "Stellt den Menschen in den Mittelpunkt, entwickelt eine Trustful AI, in Abgrenzung zu China. Der digitale Raum konnte viele Jahre nicht kontrolliert werden. Jetzt hat Europa eine DSGVO, die uns hilft, digitale Räume zu ordnen, neues Vertrauen herzustellen." Trustful AI made in Europe? Auch große Techriesen aus den USA erkennen den Trend.

"Wenn Sie eine Waschmaschine kaufen, muss der Käufer kein Experte für Abwassertechnik sein. Es ist schon klar, dass diese Maschine sicher ist. Das wird sichergestellt durch Vorgaben und Kontrollen. Man muss nicht verstehen, wie die Maschine funktioniert, man muss nur wissen, was sie kann. Das gleiche gilt für KI.

Wir brauchen Zertifikate, damit Menschen darauf vertrauen können, dass die Maschine niemanden verletzt oder ihm andere schlimme Dinge antut."

Reicht das? "Nein, Europa muss nachholen bei den Plattformen. Es fehlen große Datenmengen, es fehlt die Erfahrung damit."

Nicht verpassen:
Toby Walsh ist Sprecher auf dem Industrial Pioneers Summit auf der HANNOVER MESSE. Der Summit findet am 22. April 2020 während der Messe statt. Das Hauptthema ist KI in der Industrie.