AutoML: Zwischen Hype und Realität
Ein Gespräch mit Prof. Dr. Marius Lindauer
5. Feb. 2025Teilen
Automated Machine Learning (AutoML) sollte den Zugang zu KI erleichtern und auch in der Industrie breitere Anwendung finden. Doch wo stehen wir heute? Prof. Dr. Marius Lindauer von der Universität Hannover gibt in diesem Gespräch Einblick in die aktuelle Entwicklung, Herausforderungen und Zukunftsperspektiven von AutoML.
Was ist AutoML und warum ist es so schwer in der Industrie umzusetzen?
AutoML verspricht, die Entwicklung von KI-Modellen zu automatisieren, indem es Designentscheidungen wie die Wahl der Netzwerkarchitektur, Hyperparameter und Lernmethoden optimiert. In der Praxis zeigt sich jedoch, dass AutoML nicht ohne Vorwissen eingesetzt werden kann.
Ein zentrales Problem liegt in der Datenqualität: Ohne hochwertige und ausreichende Daten kann AutoML keine sinnvollen Modelle generieren. Außerdem fehlt oft ein klares Verständnis für den jeweiligen Anwendungsfall und die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen. So kommt es zu Fehleinschätzungen, wie ein Beispiel aus der Industrie zeigt: Ein Unternehmen wollte AutoML für Predictive Maintenance einsetzen, lieferte jedoch nur Daten von einer einzigen Maschine. Beim Einsatz auf anderen Maschinen versagte das Modell – eine grundlegende Fehleinschätzung, die AutoML nicht korrigieren kann.
AutoML zwischen Euphorie und Ernüchterung
Der große Hype um AutoML begann etwa 2018, als Google und andere Tech-Riesen versprachen, dass damit jeder Maschinenlernen anwenden könne. Doch die Realität sieht anders aus: Zwar nutzen viele Unternehmen wie Siemens, Bosch oder Beckhoff AutoML, doch nicht in der Weise, wie es ursprünglich versprochen wurde. Statt dass Maschinenbauingenieure direkt mit AutoML arbeiten, bleibt es weiterhin ein Tool für Data Scientists und KI-Experten. Die Diskrepanz zwischen Erwartungen und Realität führte zu Enttäuschungen in der Industrie.
Fehlt eine einheitliche Plattform für AutoML?
Ein weiteres Hindernis für die Verbreitung von AutoML ist das Fehlen einer einheitlichen, leicht zugänglichen Plattform. Während es in der KI-Community etablierte Frameworks wie PyTorch oder TensorFlow gibt, fehlt eine vergleichbare Lösung für AutoML. Es existieren zwar Open-Source-Projekte wie AutoSklearn oder Optuna, jedoch nicht mit der nötigen breiten Akzeptanz und Unterstützung durch die Industrie.
Die Konkurrenz durch Large Language Models (LLMs)
Manche sehen in großen Sprachmodellen wie GPT oder Gemini eine Konkurrenz zu AutoML, doch Lindauer widerspricht: LLMs sind eher eine Ergänzung als eine Ablösung. Sie helfen beispielsweise bei der Code-Generierung und können auch innerhalb von AutoML-Prozessen unterstützen. Zudem bleiben viele Herausforderungen, etwa die Optimierung von Hyperparametern oder die Wahl der Modellarchitektur, weiterhin relevant.
Neue Anwendungen und Zukunftsperspektiven für AutoML
Lindauer sieht mehrere potenzielle Einsatzfelder für AutoML:
1. Schnelle Prototypenentwicklung: AutoML kann Data Science-Teams helfen, schneller zu validen KI-Prototypen zu gelangen.
2. Zertifizierung und Nachvollziehbarkeit: Im Rahmen des EU AI Acts könnten AutoML-Systeme eine zentrale Rolle spielen, da sie Dokumentationen und Nachweise für KI-Anwendungen automatisiert erstellen können.
3. Energieeffizienz: AutoML kann helfen, KI-Modelle ressourcenschonender zu trainieren und effizienter zu machen.
Die Zukunft: Human-Centered AutoML und Nachhaltigkeit
Lindauers Forschung fokussiert sich auf drei Hauptbereiche:
Fazit: AutoML braucht ein Ökosystem
Lindauer betont, dass AutoML mehr als ein Hype ist – aber es braucht eine bessere Infrastruktur. Eine stärkere Zusammenarbeit zwischen Forschung und Industrie sei essenziell, um eine tragfähige Plattform zu entwickeln. Unternehmen, die an einer solchen Initiative interessiert sind, sind herzlich eingeladen, sich zu vernetzen und die Zukunft von AutoML aktiv mitzugestalten.
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