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„Wir haben da wohl eine gegenläufige Entwicklung“, erklärt Brantner und lacht. „Am Anfang saßen wir alle an einem Tisch und jeder war immer informiert. Dann bekamen wir einen größeren Tisch und immer noch waren alle informiert. Heute muss ich Kollegen führen, die dann ihre Teams führen“, blickt der Münchener zurück. Seine Aufgabe: Überblick im Wachstum behalten, Strategie mit den anderen beiden Gründern Lukas Zanger (COO) und Nikolas Engelhard (Senior Expert Computer Vision) entwickeln und die Magazino-Kultur und Kommunikation immer wieder leben. „Das ist nicht immer leicht“, gibt Brantner zu. „Wir entwickeln uns weiter, wollen aber die Offenheit, die Präsenz der Gründer, die Nähe beibehalten und berichten neuen Mitarbeitern auch immer über unseren Blödsinn in den ersten Jahren. Nähe und Ehrlichkeit zu den Kolleginnen und Kollegen ist uns wichtig.“ Klingt nach Familien-unternehmen? „Ja, Familienunternehmen sind für mich in den Bereichen Nachhaltigkeit, Verantwortung und Nähe zum Mitarbeiter Vorbilder“, bestätigt Brantner. Das Beste aus beiden Welten zusammenführen. So könnte man seine Managementphilosophie beschreiben. „In der Industrie wollen die Kunden zwar verrückte Typen, aber mit geordneten Strukturen“, schiebt Brantner nach und grinst.

Ein bißchen Klischee

Magazino kann beides. Wissen wird auf Confluence geteilt, interne Nachrichten per Mattermost verschickt – „Microsoft Office ist bei uns auf dem Rückzug.“ Der Austausch von Angesicht zu Angesicht bleibt aber der wichtigste Weg der Kommunikation. Die über 110 Mitarbeiter sitzen im Großraum, Kopf-hörer mindern den Lärmpegel und der Chef hat keinen eigenen Schreibtisch ‒ ein bißchen Startup-Klischee muss dann doch sein. Doch Brantner nimmt seine neuen Kolleginnen und Kollegen dann mit auf Messen, auf denen immer noch klassische Industriewelten bestimmend sind. Mittelständler eifern den Raum- und Arbeitskonzepten der Gründer nach ‒ ein Change-Prozess, den die Magazino-Gründer so nicht kennen. „Wir wandeln uns gerade vom Startup zum jungen Unternehmen. Wir müssen wach bleiben, müssen uns mit anderen Jungunternehmern treffen, Ideen austauschen. Das ist unsere Aufgabe.“ Und Technologie entwickeln.

„Als wir 2011 starteten, dachte ich, dass 2019 die Industrie mit Robotik, KI und Automatisierung weiter sein wird.“

Wettbewerb zum FTS

Die Zielmärkte von Magazino sind vor allem der E-Commerce. Bei Zalando arbeitet beispielsweise Toru. Schuhkartons sind seine Spezialität: Der intelligente Kommissionierroboter greift einzelne Kartons und bringt sie direkt zur Übergabestation. Und bei Einlagerungen oder Retouren wieder zurück. Sein Pendant in der Industrie heißt Soto – auch ein japanischer Name. Die Namensgebung der Produkte ist eine Anekdote aus den Anfängen und beruht darauf, einem TU-Professor mit Japan-Faible eine „Freude“ zu machen. Heute lachen die Gründer darüber und erinnern sich gerne zurück. Der Supply-Chain-Roboter Soto bringt Materialien an die Montagelinie, just in time und komplett autonom, versichern die Entwickler. „Wir ersetzen damit den Routenzug, schaffen also keine klassische Fördertechnik ab. Die hat absolut ihre Berechtigung in den Logistikzentren. Daran wollen wir gar nicht rütteln“, räumt Brantner mit einem Missverständnis auf. Soto ist vielmehr ein Wettbewerber zum FTS, das seit ein paar Jahren ein Revival feiert.

Das schreckt die Münchener nicht. Denn sie haben für die Zukunft einen weiteren Markt im Blick ‒ eine Art Roboter-Betriebssystem für nicht deterministische Arbeitsumgebungen. Das Ziel ist ein übergeordnetes System, das dem Anwender hilft, Roboter, deren Aufgaben sowie Prozesse immer wieder neu auszurichten – unabhängig von der verwendeten Hardware. „Dafür nutzen wir auch das Wissen, das wir mit Soto und Toru im laufenden Betrieb gewinnen“, erklärt Brantner. Und das hat 2015 wohl auch Siemens überzeugt, in Magazino zu investieren – ein Betriebssystem klingt verlockend. Seit Februar 2018 sind auch die Körber Gruppe, Zalando, Henderson und Fiege Logistik als Investoren beteiligt. Fünf Jahre nach der Gründung wagen sich die Münchener an ein weiteres großes Projekt. Das wissen auch die Gründer. „Wir brauchen verrückte Mitarbeiter, wollen diverse Teams. Das bringt uns unseren Zielen näher.“