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Gärtner leitet die jüngste Ausgründung von Phoenix Contact, Protiq, und profitiert ein stückweit auch vom Elektronik-Know-how der Mutter.
„Wir bedienen viele Branchen mit unterschiedlichen Druckmaterialien, aber in der Elektronikfertigung sehen wir große Wachstumschancen“, berichtet der Ostwestfale. Die Additive Fertigungsbranche baut weltweit riesige Druckkapazitäten auf, „Milliardenmärkte“ – prognostizieren Analysten immer wieder. Die Spezialisierung ist aus Sicht von Gärtner deshalb gefragt. Protiq ist Dienstleister und produziert im Kundenauftrag – sogar schon in den USA und in Indien. Vom Kundeninterface im Netz bis zur Arbeitsvorbereitung ist alles automatisiert bei Protiq, aber dann muss bei manchen Aufgaben doch noch ein Mitarbeiter den Bauraum freigeben, das fertige Produkt herausnehmen, nachbearbeiten und in den Versand geben. „Wir arbeiten an der vollständigen Automatisierung und sprechen mit vielen Automatisierungsherstellern“, versichert Gärtner. Die Blomberger wollen digitale Wertschöpfungsketten entwickeln, verstehen und dann Schnittstellen schaffen. Nur dann könne man langfristig auch in Hochlohnländern wirtschaftlich additiv Fertigen oder 3D-Druck betreiben, erklärt der Maschinenbauingenieur. In Ostwestfalen lernen sie beim Geldverdienen.

Die digitale Wertschöpfungskette ist mitentscheidend für den Erfolg vom additiven Fertigen. „Angebote und Aufträge per PDF hin- und herzuschicken wäre zeitaufwendig und würde die Prozesse nur verkomplizieren“, meint Gärtner. Ist Protiq also ein Beispiel für die Plattformökonomie in der Industrie? „Ich bin da immer etwas skeptisch, denn ich glaube nicht daran, dass Konstrukteure auf fremden Plattformen online arbeiten und Entwicklungsdaten preisgeben. Das ist noch Zukunftsmusik, wenn ich mir anschaue, wie viele Vertraulichkeitsvereinbarungen wir tagtäglich unterschreiben müssen, damit Konstrukteure die wichtigen Fertigungsdaten auf unsere Plattform hochladen, um ein direktes Onlineangebot inklusive Preis zu erhalten“, erklärt der Geschäftsführer und lacht dabei. Über 20 Mitarbeiter beschäftigt das Unternehmen und den Fachkräftemangel kennt Gärtner nur vom Hörensagen. „Aber wir müssen in der Ausbildung mehr tun. Bei uns arbeiten Ingenieure und Facharbeiter und viele können für traditionelle Fertigungsverfahren konstruieren, aber nicht für die additive Fertigung. Dazu kommt, dass die Nachbearbeitung von gedruckten Materialien neue Anforderungen an die Mitarbeiter stellt. Darauf müssen wir bereits in der Lehre Antworten geben“, mahnt der Maschinenbauer. Er spricht bei Ministerien und Verbänden vor.

„In der Elektronikfertigung sehen wir große Wachstumschancen.“

„Die vernetzte Digitalisierung verändert Fabriken, Prozesse und Berufe“, weiß Gärtner. Und auch die Mittelständler entdecken die additive Fertigung für sich. Werkzeugteile oder Zahnräder druckt Protiq und will es Industrieunternehmen in der Branche noch einfacher machen. „Wir werden in naher Zukunft einen Online-Topologieoptimierer freischalten und ermöglichen so einfachen Leichtbau. Der Kunde erhält das Angebot, seinen Datensatz auf der Plattform einzustellen, markiert Design-Areas und Non-Design-Areas, definiert die auftretenden Kräfte, die auf die Konstruktion wirken können, und die verwendete Algorithmik reduziert innerhalb von 24 Stunden den Materialbedarf.“ Das dauert heute durchschnittlich zwei Wochen, so Gärtner. Neben Prozess-, Material-, Bearbeitungs- und Konstruktionswissen braucht Protiq also auch IT-Experten. Additives Fertigen in Verbindung mit vernetzender Digitalisierung ist das wahre Industrie 4.0. Dies bedeutet neue Produkte und Tools zu entwickeln, neue Geschäftsmodelle zu testen, neue Werkstoffe und ihre Eigenschaften kennenzulernen, neue Hardware zu bedienen, konstruieren neu zu lernen und die Prozesskette zu automatisieren, zum Kunden zu vernetzen und zu digitalisieren. Komplexer geht es kaum.