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Wir müssen über Talente sprechen – über AI Talente. Die fehlen uns in den Unternehmen (wirklich?), aber auch an den Hochschulen und „jetzt, wo Trump in Amerika regiert, da ist es doch sicher ein leichtes, diese abzuwerben und nach Europa zu bekommen“, meinen manche Politiker. Ich finde die Idee nicht abwegig, aber allein mit einem Trumpbashing lockt man niemanden nach Europa. Wir müssen hier vorher unsere Hausaufgaben machen.

1. Gibt es Daten, dass Talente nach Europa kommen wollen?
Zeki Research aus London sieht Bewegung. Im Gespräch mit unserer Redaktion erklärte Thomas Hurd: „Vor allem PhDs sind beweglich und suchen neue Herausforderungen, auch wenn wir in Europa nicht so viel bezahlen“. Die Daten sehen vor allem Interesse von Talenten am Vereinigten Königreich und Deutschland. Das ganze Gespräch gibt es in den nächsten Wochen beim Industrial AI Podcast.

2. Haben wir die Kapazitäten, AI-Talents aufzunehmen?
An deutschen Hochschulen habe ich da wenig Hoffnung. Es fehlt an Infrastruktur, an Geldern, schlicht an Büros, Labs und vielem mehr. Ich bin gespannt, wie wir es hinkriegen würden, wenn tatsächlich ein AI-Schwergewicht sich entscheiden würde, in Zukunft in Deutschland lehren zu wollen – inklusive Team. Die Berufungsverfahren, denen ich aus der Ferne beiwohnen durfte, zogen sich hin. Oder gibt es dann beispielsweise LexLeCun? Wir dürfen gespannt sein.

3. Vielleicht wäre ein Ansatz auch, dass wir es im ersten Schritt unseren guten PhDs ermöglichen, in Europa zu bleiben, denn unsere Grundlagenforschung ist sehr gut, viele Talente sind in den letzten Jahren in die USA gegangen, weil dort Ressourcen zur Verfügung standen, mit denen wir kaum mithalten können. Es geht um Jobs, Infrastruktur, Labs und Karrierechancen.

4. Und die Unternehmen?
Durchscrollt man die Stellenangebote großer Automatisierer, stößt man selten auf Stellen, die AI-Talente anlocken würden. Man fragt sich: Ist das Thema AI schon „erledigt“? Die Privatwirtschaft könnte am ehesten Talenten aufnehmen und von ihnen profitieren, aber viele Mittelständler sind in Kurzarbeit, es herrscht Einstellungsstopp oder AI steht noch gar nicht auf der Agenda. „Das kaufen wir dann ein“, hört man immer wieder. Interessant: Vor einigen Tagen sprach die Redaktion mit jungen Absolventen der University of Amsterdam über ihre Karrierepläne – gute ausgebildete PhDs. Viele hatten die Wahl zwischen großen Unternehmen mit Präsenzpflicht von Montag bis Freitag. Für die meisten von den Absolventen war das ein Ausschlusskriterium. Achtung: Anekdotische Evidenz.

Wir haben das Henne-Ei-Problem – vor allem in der Forschung. Große Namen locken Talente an. Große Namen haben wir aber nur noch eine Handvoll in Europa – Welling, Gharhamani, Hochreiter. Talente gründen dann Firmen, gehen in Firmen und entwickeln oder werden selber große Namen. Große Namen anzulocken, fordert Ressourcen – organisatorisch, finanziell und technisch. Wo fangen wir also an – Infrastruktur, Sonderprofessuren oder vielleicht müssen auch die Unternehmen zusammenlegen und einen Fonds auflegen? Wir sollten das nicht dem Staat überlassen.