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Im Zuge der steigenden Nachfrage nach erneuerbaren Energiequellen wächst auch der Bedarf an modernen Demontagetechnologien für den Unterwassereinsatz. Um beispielsweise Offshore-Windkraftwerke auf mehr Leistung zu bringen, müssen zunächst alte Stahlgestelle unter dem Meeresspiegel zerlegt werden, um sie später größer neu aufzubauen. Das Fraunhofer-Institut für Werkstoff- und Strahltechnik IWS in Dresden hat nun einen technologischen Ansatz gefunden, Laser als besonders effiziente, umweltfreundliche und energiesparende Schneidwerkzeuge im Wasser einzusetzen.

Anpassung an die Verhältnisse unter Wasser

Der Zuschnitt von Metall mit Lasern ist natürlich kein grundsätzlich neuer Ansatz, in der Regel geschieht dies jedoch in einer trockenen Umgebung. Dabei kommen Infrarot- oder andere eher langwellige Laserstrahlungen zum Einsatz. Die dabei entstehende Metallschmelze wird koaxial zum Strahl durch Hilfsgase entfernt. Im Meer jedoch herrschen ganz andere Bedingungen: Wasser streut langwelliges Licht in alle Richtungen, wodurch ein Großteil der Laserleistung schon nach kurzer Distanz verpufft. Auch würden für das Hilfsgas aufwendige Leitungssysteme benötigt.

Mit Industriepartnern zur Einsatzreife

Um Stahl und andere Metalle unter Wasser zu zerteilen, setzen die Fraunhofer-Forscher daher auf besonders kurzwellige, grüne Laser, deren Schneidfähigkeit auch im Wasser gegeben ist. Gleichzeitig machen sich die Forscher das Wasser selbst als Werkzeug zunutze, um die entstehende Schmelze mit Druck aus der Schnittfuge auszutreiben. Dadurch entfallen unter anderem Kraftverluste, Extra-Gasleitungen und weitere Nachteile. Dieses bisher nur im Labor erprobte Verfahren soll nun im nächsten Schritt gemeinsam mit Industriepartnern zur Einsatzreife geführt werden.

Grüne Laser der Kilowattklasse als Schlüssel zum Unterwasserschneiden

Der Einsatz grüner Laser mit weit kürzeren Wellenlängen als die meisten heute üblichen Industrielaser wird erst dadurch ermöglicht, dass inzwischen grüne Laser in der Klasse mit mehr als einem Kilowatt Leistung verfügbar sind. Sie erst erreichen die nötigen Schneidleistungen für die unter Wasser angedachten Aufgaben. Perspektivisch sind sogar noch kurzwelligere Varianten mit blauen Lasern denkbar. Solche Kurzwellenlaser durchdringen Wasser ohne große Verluste und wären somit perfekt geeignet.

Wasser als Schneidmedium

Das Wasser als Ersatz für das in trockener Umgebung notwendige Schneidgas bietet ebenfalls einen signifikanten Vorteil: Im Unterschied zu Gasen und Gasgemischen widersetzt Wasser sich der Komprimierung, wodurch es als Schneidmedium die Schmelzreste an der Schnittstelle mit weniger Kraftaufwand und Zeitverlusten beseitigen kann. Darüber hinaus können unter anderem die bisher nötigen Gasleitungen entfallen.

Weniger Energieverluste – dafür mehr Kraft, Flexibilität und Sicherheit

Gegenüber heute üblichen Trennverfahren mit Sägen, Sägeseilautomaten und Plasmaschneidern bringt das Unterwasserlaserschneiden laut der Dresdner Ingenieure also eine Reihe von Vorteilen mit sich: „Das Verfahren benötigt vergleichsweise wenig Energie und die Kraftübertragung ist effizienter“, betont so auch Projektleiter Dr. Patrick Herwig, der am Fraunhofer IWS die Gruppe Laserschneiden leitet. Dieser Ansatz erlaube zudem die Konstruktion besonders kompakter Unterwasserroboter mit Laseraufsatz. Weil sich diese kleiner und effizienter als heutige Sägeautomaten umsetzen lassen könnten, ließen sich bisher schwer zugängliche Stellen von Unterwasserstrukturen leichter erreichen. Anders als etwa beim Sägen müssten Demontageteams künftige Schneidlaser nicht fortlaufend mit neuen Blättern oder anderen Verbrauchsmaterialien bestücken. Zudem erzeuge solch ein System keine Abfälle und entließe keine gefährlichen Stoffe in die Atmosphäre. Dieser Vorteil würde besonders beim Abriss alter Kernkraftwerke ins Gewicht fallen. Denn auch dort sind oft stählerne Bauteile zunächst unter Wasser zu zerlegen. Würde man hier mit Schneidgas arbeiten, könnten mit den Blasen radioaktive Abfälle an die Wasseroberfläche gelangen. Auch dieses Problem erübrige sich beim Laser-Unterwasserschneiden.

Wasser: Freund statt Feind

Die wirtschaftliche und gesellschaftliche Relevanz der innovativen Technologie beschreibt Professor Christoph Leyens, Institutsleiter des Fraunhofer IWS: „70 Prozent der Erde bestehen aus Wasser. Diese Offshore-Reserven muss die Menschheit künftig verstärkt nutzen, um umweltfreundliche Energiequellen zu erschließen und auszubauen. Dafür brauchen wir neue Unterwasser-Fertigungstechnologien wie unsere Laserschneidlösungen. Bisher wurde das Wasser dabei als ‚Feind‘ verstanden. Wir kehren das um und verstehen es als ‚Freund‘.“ Im nächsten Schritt wollen die Forschenden ihr im Labormaßstab bewährtes Konzept zu praktisch einsetzbaren Systemen weiterentwickeln. Das Fraunhofer IWS bringt dabei seine Expertise in der Lasertechnologie, System- und Analysetechnik und für den Entwurf kompletter Anlagen ein. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler suchen aktuell nach Industriepartnern, die konkrete Einsatzszenarien, Erfahrungen und Herausforderungen skizzieren sowie die konkrete Technologieentwicklung begleiten.