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Neben der Windkraft ist die Photovoltaik aktuell das zweite Standbein bei der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien. Insbesondere moderne Heterojunction-Solarzellen, also die Verbindung von kristalliner Photovoltaik mit der Dünnschichttechnologie, erreichen in industrieller Produktion vielversprechend hohe Wirkungsgrade bei gleichzeitig geringem Siliziumverbrauch – wodurch diese Module auch einen vergleichsweise geringen CO2-Fußabdruck aufweisen. Dementsprechend bestehen gute Aussichten, dass sich diese Technologie zum Standard in der Produktion entwickeln wird. Grundsätzlich kann von einer steigenden Bedeutung der Photovoltaik ausgegangen werden, nicht zuletzt befeuert durch die Verknappung fossiler Brennstoffe in Folge des Krieges in der Ukraine. Aber auch zuvor schon stieg die globale Stromerzeugung aus Photovoltaik-Anlagen nach Angaben der International Renewable Energy Agency (IRENA) von rund 96 Terrawattstunden im Jahr 2012 auf knapp 831 Terrawattstunden im Jahr 2020. Zum Vergleich: In Deutschland stieg laut Umweltbundesamt die Stromerzeugung aus Photovoltaik im gleichen Zeitraum von rund 27 Terrawattstunden auf knapp 50 Terrawattstunden.

Nach Silber drängt, am Silber hängt doch alles

Diese Zahlen zeigen aber auch: Das Potenzial der Photovoltaik ist bei Weitem noch nicht ausgeschöpft. Doch wo, hoffentlich, viel Licht, da meist auch etwas Schatten. So verbraucht die Herstellung von Solarzellen derzeit viel wertvolles Silber für Leiterbahnen und Kontakte. Und wie bei so vielen Rohstoffen stiegen auch die Preise für das Edelmetall zuletzt stark an. Bereits heute beträgt der Kostenanteil des Silbers am Herstellungspreis für Photovoltaikzellen runde 10 Prozent. Dazu kommt, dass Silber wie alle Edelmetalle nur begrenzt verfügbar ist. Bereits heute verbraucht die Solarindustrie 15 Prozent des in Minen abgebauten Silbers. Da auch andere Branchen wie die Elektromobilität oder der Mobilfunk höhere Silberverbräuche für die Zukunft anmelden, könnte der erwartete Produktionszuwachs bei der Photovoltaik zu einem Flaschenhals-Effekt beim Silber führen. Oder anders formuliert: Ohne durchschlagende technologische Innovationen wird die Solarindustrie die in sie gesetzten Hoffnungen kaum erfüllen können.

Und wenn wir stattdessen Kupfer nehmen?!

Auch Forschende des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme ISE in Freiburg haben diese Problematik schon früh erkannt und widmeten sich in der Folge dieser Herausforderung. Und das bedeutet eine gewisse Schwungmasse, denn mit rund 1400 Mitarbeitenden ist das Fraunhofer ISE das größte Solarforschungsinstitut Europas. Man hat also geforscht – und man hat auch einen Durchbruch erzielt. Eigentlich ja sogar zwei Durchbrüche, aber dazu gleich mehr. Ein Team aus Forschenden um Dr. Markus Glatthaar, Experte für Metallisierung und Strukturierung, hat ein Galvanikverfahren entwickelt, bei dem das Silber durch Kupfer ersetzt werden kann, mit zwei recht offensichtlichen Vorteilen: Kupfer ist um ein Vielfaches preiswerter als Silber und um einiges leichter verfügbar. Und es gibt auch noch einen Kosakenzipfel in Form einer leichten, aber nachweisbaren Ertragssteigerung, denn die Kupferleiter messen dank Laserstrukturierung gerade einmal 19 Mikrometer im Durchschnitt, wodurch die Verschattung der lichtaufnehmenden Siliziumschicht geringer ausfällt als bei den Silberbahnen.

Und wo wir schon mal beim Substituieren sind…

Um bei besagtem Galvanikverfahren zu verhindern, dass die gesamte elektrisch leitfähige Oberfläche der Solarzelle mit Kupfer beschichtet wird, gilt es zuvor, die nicht zu beschichtenden Bereiche mit einem elektrischen Isolator zu maskieren. Und in diesem Zusammenhang haben die Forschenden noch einen zweiten bemerkenswerten Fortschritt erzielt: Für die Maskierung des Silizium-Wafers im Elektrolyt-Bad werden bisher teure Lacke oder Folien auf Polymer-Basis verwendet. Die fachgerechte Entsorgung der Polymere aber ist aufwendig und verursacht zudem eine Menge Abfall. Glatthaar und seinem Team ist es nun gelungen, die Polymere durch Aluminium zu substituieren. Einem Material also, dass sich genauso wie Kupfer vollständig recyceln lässt. Diese doppelte Substituierung – von Silber auf Kupfer und von Polymer auf Aluminium – sorgt auch für einen doppelten Vorteil: Die Produktion der Solarzellen wird nachhaltiger und gleichzeitig deutlich kostengünstiger.

Aber Aluminium leitet doch auch?!

Tatsächlich bestand eine Schwierigkeit darin, dass Aluminium grundsätzlich elektrisch leitfähig ist und insofern gar nicht als Maskierung taugt. Andererseits neigt Aluminium dazu, von selbst eine isolierende Oxidschicht auszubilden, wenn auch nur wenige Nanometer dick. „Es ist uns gelungen, die Prozessparameter anzupassen und dabei einen speziellen Elektrolyten zu entwickeln, sodass im Ergebnis die extrem dünne, native Oxidschicht des Aluminiums ihre isolierende Funktion zuverlässig erfüllen kann. Für den Erfolg unseres Forschungsprojekts war dies ein wichtiger Meilenstein“, so Glatthaar.

Der Kreis beginnt sich zu schließen

Durch den Einsatz der recyclingfähigen Werkstoffe Kupfer und Aluminium kommt die Photovoltaik-Produktion auch der Kreislaufwirtschaft einen deutlichen Schritt näher. Und auch die Verfügbarkeit der Rohstoffe verbessert die Umwelt- und Sozialstandards. „Da wir in Deutschland über genug Kupfer verfügen, sind die Lieferketten kürzer, und die Abhängigkeit vom Preis auf den internationalen Rohstoffmärkten oder von ausländischen Lieferanten wird reduziert“, erläutert Glatthaar.

Spin-off PV2+ soll optimierte Solar-Technologie auf den Markt bringen

Leider dauert es mitunter, bis Durchbrüche in der Forschung im Produktionsalltag ankommen. Um die vielversprechende Technologie schneller am Markt lancieren zu können, wurde das Fraunhofer ISE selbst aktiv und gründete das Spin-off PV2+. Das junge Unternehmen mit Fraunhofer-Forscher Dr. Markus Glatthaar an der Spitze will bereits Anfang 2023 gemeinsam mit Industriepartnern eine Pilotproduktion in Freiburg aufbauen. Prof. Dr. Andreas Bett, Institutsleiter am Fraunhofer ISE, erklärt: „Die innovativen Solarzellen sind ein wichtiger Baustein für die zukünftige Stromversorgung aus erneuerbaren Energien und werden der Photovoltaik-Branche einen dringend benötigten Schub verleihen. Das Spin-off hat beste Chancen, sich schnell und erfolgreich auf dem Markt zu etablieren. Umso mehr freut es uns natürlich, dass diese Technologien an unserem Institut entstanden sind.“ Zusätzlichen Rückenwind erfährt das Projekt durch die Förderung durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) im Rahmen dessen Gründerprogramms „Exist“.

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