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Das Fraunhofer-Institut für Chemische Technologie ICT mit Sitz in Pfinztal forscht und entwickelt in den Forschungsfeldern Energetische Systeme und Materialien, Angewandte Elektrochemie, Umwelt und Polymer Engineering sowie Neue Antriebssysteme. Die jüngste Errungenschaft der Forscher sind Thermoplastschäume mit sehr geringer Dichte, die mittels 3D-Druck zu individuellen Leichtbauteilen geformt werden können. Um überhaupt Schäume bei Additiven Produktionsverfahren einsetzen zu können, haben Forscher am Stuttgarter Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung IPA zuvor eigens eine dafür geeignete Verschlussdüse entwickelt. Für Anwendungen kleiner Losgrößen und individuell angepasster Bauteile ist der 3D-Druck oft die wirtschaftlichste Lösung. Entsprechend kommen zunehmend neue Materialien mit neuen Eigenschaftsprofilen für additive Fertigungsverfahren auf den Markt. Gedruckte Schaumbauteile sind so eine neue Anwendung. Stand der Technik sind bisher mit chemischen Treibmitteln beladene Filamente, die während des Druckvorgangs aufschäumen. Studien an mit chemischem Treibmittel versetztem Polylacticacid (PLA, zu Deutsch: Polymilchsäure) haben gezeigt, dass damit Schaumbauteile mit einer Dichte von etwa 430 Kilogramm pro Kubikmeter erzeugt werden können. Im Vergleich zum Kompaktmaterial haben diese Schäume etwa 35 Prozent der Dichte.

Fraunhofer ICT verfolgt anderen Ansatz

Die mittels Extrusion am Fraunhofer ICT hergestellten Filamente werden im Unterschied zu der zuvor geschilderten Methode in einem neu entwickelten Verfahren mit Treibmitteln versetzt. Das Verfahren wurde bislang an dem vollständig biobasierten Kunststoff PLA, an teilweise biobasiertem Cellulose-Propionat (CP) sowie an dem im klassischen Thermoplastschaumbereich üblichen erdölbasierten Polystyrol (PS) demonstriert. Diese Materialien haben als Schäume ein breites Anwendungsspektrum.

Steigerung um den Faktor zehn

Die mit dem Verfahren des Fraunhofer ICT hergestellten Materialien haben in ersten Versuchen auf handelsüblichen 3D-Druckern zu Bauteildichten von bis zu 52 Kilogramm pro Kubikmeter geführt, das entspricht in etwa fünf Prozent der Dichte des Vollmaterials. Im Vergleich zum aktuellen Stand der Technik ist das eine Steigerung um nahezu den Faktor zehn. Die Dichte des Schaums lässt sich dabei einfach über die Druckparameter wie beispielsweise die Temperatur oder den Vorschub gezielt in einem weiten Wertebereich einstellen. Damit werden diese Schäume auch für sehr viele Anwendungen aus dem Drucker interessant. Aufgrund des starken Aufschäumens des Bauteils während des Druckens auf das etwa 20-fache Volumen im Vergleich zum Vollmaterial sind auch die volumenbezogenen Druckzeiten gegenüber einem gedruckten Vollmaterial deutlich reduzierbar, was die Wirtschaftlichkeit des Schaum-3D-Drucks weiter steigert.

Sandwichkonstruktionen mit hohem Leichtbaupotenzial

Über das Druckverfahren sind auch kombinierte Bauweisen vorstellbar. So hält das Fraunhofer ICT zum Beispiel das Drucken von sogenannten Sandwichkonstruktionen für möglich, wobei Strukturen aus dünnen Deckschichten an der Außenseite des Bauteils aus Vollmaterial und einem geschäumten Kern in der Mitte der Struktur in einem Druckzyklus hergestellt werden könnten. Solche kombinierten Strukturen würden ein sehr hohes Leichtbaupotenzial aufweisen, da sie stabile mechanische Eigenschaften mit gleichzeitig niedriger Bauteildichte verbinden.

Anwendungsfälle besonders im Transport- und Verkehrssektor denkbar

Jonas Fischer vom Zentrum für Additive Produktion (ZAP) am Fraunhofer IPA sieht deshalb zunächst mögliche Anwendungen im Transport- und Verkehrssektor: „Im Bereich der Mobilität spielen Leichtbaulösungen eine wichtige Rolle. Gedruckte Schaumbauteile könnten hier an geeigneten Stellen eingesetzt werden, um Gewicht einzusparen und so die Effizienz von Flugzeugen sowie Fahrzeugen für Straße und Schiene zu verbessern“, so Fischer. Und auch bei der Fracht, die ein Güterzug transportiert, könnte sich dank der druckbaren Schäume einiges ändern: Für Sondermaschinen, spezielle Ersatzteile und andere individualisierte Produkte könnte passgenaues Verpackungsmaterial gedruckt werden, das vor Transportschäden schützt. Gleichzeitig könnten wegen des geringen Gewichts der Verpackung Emissionen beim Transport mit dem Flugzeug, Schiff oder Lastwagen eingespart werden. Möglich machen die Schäume außerdem beispielsweise personalisierte Sitzpolster für Rollstühle oder belastungsgerechte Fahrradsättel.

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