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„Da müssen Sie sich jetzt beweisen. Das Aluminiumband darf nicht reißen“, scherzt Feist, der seit Jahren die Digitalisierung der Anlagen von Achenbach verantwortet und jetzt das erste Level startet. Das Fahren der Anlage ist kompliziert, immer öfter reißt das Band, die Leuchten blinken, die Anzeigen warnen. „Sie brauchen viel Gefühl für die Anlage“, erklärt Feist. Die Produktions- und Spieldaten werden in der Google-Cloud gespeichert und nach drei Fahrten erlöst Feist seinen Gast. „Dreimal gerissen. Die Auswertung können wir uns sparen“,lacht er und ist sofort bei seinem Thema: Daten und Machine Learning.

„ Wir müssen das richtige Daten-Gleichgewicht finden.“

„Unsere Kunden, aber auch wir wollten die Produktionsschritte genauer nachvollziehen und beispielsweise Daten aus dem Folienwalzwerk mit der Schneidmaschine und der Rückmeldung des Kunden korrelieren.“ Die Fertigung sollte transparenter werden. Alle Daten aus der Bachmann-Steuerung M1 werden via OPC UA einem kleinen Ein-Platinen- Rechner zur Verfügung gestellt, der die Informationen dann abonnieren kann und in einem Cloudspeicher ablegt.

„Unser Sicherheitskonzept garantiert, dass Daten nur auf Verbindungen übertragen werden, die aus dem Maschinennetzwerk heraus aufgebaut werden.

Die Maschinensteuerung ist aus dem Internet weder sichtbar noch ansprechbar. Der Maschinenbetreiber hat also die alleinige Hoheit darüber, welche Daten in die Cloud übertragen werden und welche nicht“, erklärt Feist. Rund drei Gigabyte können da an einem Tag pro Maschine zusammenkommen – im Wesentlichen sind es OPC UA- und SQL-Daten, die später für das Machine Learning große Bedeutung haben. Und weil in der Cloud praktisch unbegrenzt Speicherplatz genutzt werden kann, müssen aus Platzgründen Daten niemals gelöscht werden. „Weder unser Kunde noch wir können heute sagen, welche Fragen wir an die Daten zukünftig haben werden. Erst wenn konkrete Probleme mit einem bestimmten Material auftreten oder ein Kunde mit Ausfällen eines bestimmten Teilsystems kämpft, wissen wir, welche Daten relevant sind, um das Problem zu lösen. Würden diese im Vorfeld nicht gespeichert oder aus Speicherplatzgründen zu früh gelöscht, fällt eine Problemlösung oft deutlich schwerer.“ Das Machine Learning wäre dahin.

Achenbach hat aus den Daten ein Geschäftsmodell, ein Produkt entwickelt: Achenbach OPTILINK – im ersten Schritt ein Cockpit, ein Analysetool für die Kunden weltweit. Über ein Webinterface kann der Kunde den aktuellen Zustand seiner Maschine abfragen. Achenbach liefert dem Kunden einen Basissatz an Analysetools, aber darüber hinaus kann er auch selbst Analysen erstellen und durchführen.

Doch Feist und seine Kollegen wollen noch mehr. Künstliche Intelligenz lautet das Stichwort, und dies nicht nur mit Fokus auf das von Google stark promotete „Deep Learning“. Achenbach setzt in vielen Lösungsansätzen auf das „Unsupervised Machine Learning“. Die Idee dahinter: Das Walzwerk versucht, in den Daten Muster zu erkennen, die vom strukturlosen Rauschen abweichen, um im Idealfall eine Handlungsempfehlung an den Betreiber abzugeben – wie beispielsweise die Bestellung eines Ersatzteils bei Achenbach. Die Verbindung des OPTILINK-Systems mit einem elektronischen Ersatzteilkatalog war eine der ersten Erweiterungen des Software-Pakets. Passend dazu kann OPTILINK im ERP-System des Unternehmens über sogenannte Tickets festgelegte Arbeitsvorgänge anstoßen und so die Arbeit von Menschen und Computern verbinden.

Um auch bei den ML-Algorithmen eine hohe Entwicklungsgeschwindigkeit beibehalten zu können, haben die Entwickler bei Achenbach drei Toolpakete in ihr Portal integriert. So gibt es eine auf „Matlab“ basierende Komponente, die Fertigungsabläufe beobachtet, und eine mit „Rapidminer“ erstellte Komponente, die Störfälle (beispielsweise Bandrisse) auf den Maschinen analysiert. Für bestimmte Prognose modelle wurde aber auch mit neuronalen Netzen auf der Basis von „Tensorflow“ experimentiert. Nun geht es daran, die derzeit noch meist von Menschen auf Basis dieser Informationen getroffenen Entscheidungen zu automatisieren. Viele der ML-Algorithmen sind schon seit Jahren bekannt, die richtige Datenfilterung und Auswahl in Bezug auf Produktionsdaten ist jedoch noch weitgehend unerprobt. „Daran arbeiten wir“, schränkt Feist ein. Erwill keinen KI-Hype.

Für die Anwendung von Unsupervised-Machine-Learning-Algorithmen werden in der Regel sehr viele Daten benötigt, die bei Feist und seinen Kunden in der Google Cloud liegen – „ohne Begrenzung“, wiederholt Feist. Ohne ausreichende Datenmenge sind die Algorithmen nicht in der Lage, Clusterungen vorzunehmen. Die Maschine wird mit jedem Datensatz schlauer. Das birgt aber auch eine Gefahr: Overfitting. Bekannte Daten werden gut verarbeitet, bei neuen Daten tut sich die Maschine dann schwerer. Damit kämpfen alle KI-Vordenker. Das andere Extrem: underfitted – es fehlen die Daten. „Wir trainieren die Maschine und müssen das richtige Daten-Gleichgewicht finden“, erklärt Feist.