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Deutschland ist der weltgrößte Exporteur chemischer Erzeugnisse. Doch die Prozessindustrie sieht sich starker globaler Konkurrenz gegenüber. "Die internationalen Mitbewerber verfügen teilweise über günstigere Kostenstrukturen und holen technologisch auf", erklärt Felix Seibl, Geschäftsführer des Fachbereichs Messtechnik und Prozessautomatisierung im Zentralverband Elektrotechnik- und Elektronikindustrie (ZVEI). In Schwellenländern wachsen die Produktionskapazitäten der Fein- und Spezialchemie und der pharmazeutischen Industrie. Zudem nehmen Produktlebenszyklen und Anlagenlaufzeiten stetig ab. Die deutsche Prozessindustrie sucht deshalb nach Wegen, kundenspezifische Produkte und Kleinserien schneller entwickeln zu können. "Die Produkte müssen schnell am Markt und deren Produktion hocheffizient sein", so Felix Seibl.

Zu diesem Zweck entwickelt die Chemie- und Pharmaindustrie flexible Modularisierungskonzepte für ihre Prozessanlagen. Von verfahrenstechnisch gekapselten, wiederverwendbaren Modulen verspricht sie sich eine Reihe von Vorteilen: bis zu 40 Prozent kürzere Produkteinführungszeiten, 30 Prozent Energieersparnis, 20 Prozent niedrigere Betriebskosten und 40 Prozent geringere Investitionsausgaben. "Der größte Nutzen aber wird durch die gewonnene Flexibilität der Anlage generiert", sagt Felix Seibl. Durch den Austausch einzelner Module seien kundenspezifische Produktanpassungen sehr flexibel und schnell durchzuführen. Seibl: "Die im Industrie 4.0-Zusammenhang oft beschriebene Losgröße 1 zu den Kosten der Massenproduktion ist so auch in der Prozessindustrie erreichbar."

"Modulare Produktion wird das Engineering vereinfachen, die Produktion flexibilisieren, Time-to-Market reduzieren, die Effizienz der Anlagen steigern und insgesamt zu einer höheren Wettbewerbsfähigkeit führen", fasst Felix Seibl zusammen. Noch aber biete die Automatisierungstechnik "keine geeignete technische Unterstützung für modulare verfahrenstechnische Anlagen". In mehreren Fallstudien, etwa für das Forschungsprojekt F3-Factory wurde festgestellt, dass Modularisierung möglich und gewinnbringend für die Prozessindustrie ist, im Bereich der Automatisierungstechnik jedoch erheblicher Handlungsbedarf besteht. "Ziel weiterer Entwicklungen ist das Erreichen einer Plug-and-Produce-Fähigkeit der Container und Module, die wesentlich für die flexible und kosteneffiziente Nutzung der Modularisierung ist", stellt etwa die VDI-Studie "Innovations- und Effizienzsprünge in der chemischen Industrie – Wirkungen und Herausforderungen von Industrie 4.0" fest. Aber: "Es fehlen Standards beziehungsweise Vereinbarungen für die Schnittstellen zur Integration von Modulen in ein Prozessleitsystem."

Seit 2015 arbeiten der NAMUR-Arbeitskreis "Automatisierung modularer Anlagen" und die ZVEI-Arbeitsgruppe "Modulare Automation" gemeinsam an der Spezifikation einer herstellerneutralen Beschreibung von Modulen. Ihren nun vorliegenden Vorschlag, den Standard MTP (Module Type Package), möchten die Gremien in der Sonderschau "Modulare Produktion" im Rahmen der HANNOVER MESSE der Industrial Automation 2017 vorstellen. Organisiert wird der Gemeinschaftsstand vom ZVEI in der Halle 11, Stand D44. Unterstützung kommt von dem Verband NAMUR und der Initiative ProcessNet sowie zwölf namhaften Unternehmen: ABB, Emerson, Endress+Hauser, Festo, HIMA, Phoenix Contact, R.Stahl, Samson, Siemens, Wago, Yokogawa und Spiratec zeigen am Stand, wie sie sich Modulare Automation vorstellen.

Die Botschaften des Gemeinschaftsstands an die Automationsbranche bringt Felix Seibl auf den Punkt: "Modulare Produktion ist möglich – wir haben die Konzepte und Lösungen dafür."

Um den jungen Standard MTP auch durchzusetzen, sei allerdings firmen- und branchenübergreifende Kooperation gefragt. Seibl: "Verfahrenstechnik, Anlagenbau, Automation, Sensorik und Aktorik müssen jetzt zusammenarbeiten. Modulare Produktion braucht modulare Automation!"