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Die Qualitätssicherung als elementarer Bestandteil von Produktionsprozessen, zum Beispiel in der Halbleiterfertigung oder bei oberflächenveredelnden Verfahren, genügt bisher eher selten den gewünschten Anforderungen. Das äußert sich oft in lediglich stichprobenhaften Inspektionen in Form aufwendiger subjektiver Sichtkontrollen oder sogar im völligen Verzicht auf Qualitätssicherungsmaßnahmen aufgrund des Mangels an adäquaten Technologien. Das könnte sich jedoch bald ändern, denn ein am Fraunhofer-Institut für Werkstoff- und Strahltechnik IWS entwickeltes Messsystem soll zukünftig die präzise und zuverlässige Analyse von flächigen Hightech-Schichten ermöglichen. Ein Forscherteam des Dresdner Instituts gründet in diesem Kontext ein Unternehmen aus, das diese vielversprechende Technologie für eine industrielle Anwendung kommerzialisieren soll. Einen tiefergehenden Einblick in die Materie gewährt das Startup jetzt auch auf der HANNOVER MESSE 2023 im Rahmen von futureSAX, der Innovationsplattform des Freistaates Sachsen in Halle 17 (Stand A50).

Dresden als idealer Standort für die Ausgründung

Im Fokus der DIVE imaging systems GmbH (DIVE steht für Digital Vision Experts) soll zunächst die Halbleiterindustrie stehen. Hier wollen die Gründer Dr. Philipp Wollmann, Dr. Wulf Grählert, Oliver Throl und Livia Szathmáry helfen, stabile Prozesse zu gewährleisten, die Ausbeuten zu erhöhen und Ressourcen zu sparen. Der Verbleib am Standort Dresden geschah dabei nicht aus Zufall: „Dresden ist prädestiniert für unsere Ausgründung“, betont Dr. Wollmann. „Hier sind wichtige Akteure der Mikroelektronik in einem Ballungsraum konzentriert. Um unsere Technologie bestmöglich kundenorientiert weiterzuentwickeln, haben wir in dieser Stadt die kürzesten Wege und können mit dem sukzessiven Ausbau des bereits bestehenden Netzwerks auch weitere Partner identifizieren.“

Möglichkeiten über die Halbleiterbranche hinaus

Denn perspektivisch denken die Gründerinnen und Gründer nicht nur an Kunden aus der Halbleiterindustrie. Auf Sicht will das Quartett seine innovative DIVE-Technologie für die Inspektion und Analyse von Oberflächen und Schichten breit in unterschiedlichen Branchen etablieren. Von den zahlreichen Szenarien sind die schnelle flächige Schichtdickenmessung, das Erkennen und Lokalisieren kleinster Formfehler oder von Verunreinigungen nur ein kleiner Ausschnitt der Möglichkeiten.

Das Licht in 1000 Farben zerteilt

Das DIVE-System beleuchtet mit sichtbarem Licht und unsichtbarer Infrarotstrahlung in Frequenzen zwischen 0,4 und 2,5 Mikrometern jene Siliziumscheiben, auch Wafer genannt, aus denen die allgegenwärtigen Mikrochips hergestellt werden. Eine spezielle sogenannte Hyperspektralkamera erfasst dabei das zurückgeworfene Licht. Während das menschliche Auge maximal in der Lage ist, die drei Primärfarben rot, grün und blau zu registrieren, unterscheidet die Hyperspektralkamera bis zu 1000 Farben, oder genauer gesagt: Wellenlängen des Lichts. Anschließend werden die hochdimensionalen Rohdaten, die schnell auf mehrere Gigabyte anwachsen können, an eine Künstliche Intelligenz (KI) weitergeleitet, die anhand des „1000-Farben-Bildes“ sowohl mögliche Schadstellen oder Verunreinigungen erkennen, als auch die Qualität von Einzelchips oder des gesamten Wafers bewerten kann. Das DIVE-System kann also detektieren, wie homogen, dünn, eben oder defektarm die Schicht ist, also ob der Beschichtungsschritt auf dem Wafer den hohen Ansprüchen genügt. Dadurch lässt sich jetzt frühestmöglich sicherstellen, dass nur einwandfreie Wafer in die sich anschließenden Fertigungsschritte gelangen.

Auftaktprojekt mit deutschem Chip-Konzern Infineon

Bereits heute werden die Wafer in den Halbleiterfabriken bei den zahlreichen Fertigungsschritten bis zum finalen Mikrochip hinsichtlich vieler Eigenschaften überwacht. Die Analyse der gesamten Waferfläche geschieht dabei vergleichsweise langsam und erfolgt daher oft nur stichprobenartig. Das ist die Stelle, an der DIVE zukünftig ansetzen möchte: Gemeinsam mit dem Halbleiterhersteller Infineon entwickelt das Team zunächst ein Hyperspektralsystem für Labore jenseits des Reinraums und im nächsten Schritt ein System, das sich in einem solchen einsetzen lässt. Perspektivisch plant DIVE eine inline-Lösung, die sich direkt in die Reinraumanlagen integrieren lässt. Damit soll dann sogar eine Echtzeitanalyse bei vielen Prozessschritten möglich werden.

Wachstumschancen dank gutem Rüstzeug und großzügiger Förderung

Das Gründerteam rechnet angesichts des großen Potenzials dieser Technologie mit einem raschen Wachstum, zumal es vom Fraunhofer IWS mit mehreren Alleinstellungsmerkmalen ausgestattet wurde: Dazu gehören das komplette Systemkonzept einschließlich der Probenbeleuchtung sowie die anspruchsvolle Software zur Systemsteuerung und für die KI-gestützte Datenauswertung. DIVE plant zudem, die konzipierten Geräte, Systeme und später ganze Anlagenteile in einer eigenen Produktionslinie selbst zu fertigen. Außerdem wird das Team Dienstleistungen, technische Hilfe und kundenspezifische Entwicklungen anbieten. Maßgebliche Unterstützung erhält die Ausgründung dabei vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz, das im Rahmen eines EXIST-Forschungstransfers eine 18-monatige Förderung im Umfang von 1,2 Millionen Euro gewährt.