Ohne Schirm und Melone, aber mit Charme
Um auf die steigenden Anforderungen in Bezug auf elektromagnetische Verträglichkeit (EMV) zu reagieren, stellt LAPP auf der HANNOVER MESSE 2023 mit der zeroCM-Technologie eine clevere Lösung ohne konventionelle Schirmung vor.
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In voll vernetzten, intelligenten Fabriken steigen nahezu zwangsläufig die Anforderungen in Bezug auf die elektromagnetische Verträglichkeit (EMV). Vor allem in Industrieanlagen, in denen Frequenzumrichter-gesteuerte Motoren eingesetzt werden, kommt es vermehrt zu unerwünschten Strömen auf den Potentialausgleichsleitungen oder Schutzerdleitungen. Die Stuttgarter Kabelexperten von LAPP hatten sich daher zum Ziel gesetzt, die physikalischen Kopplungsmechanismen innerhalb von Motor-Anschlussleitungen zu untersuchen und daraus eine neuartige Kabelkonstruktion abzuleiten. Inwiefern das Vorhaben von Erfolg gekrönt wurde, können sich Besucher der HANNOVER MESSE 2023 direkt vor Ort ansehen – besonders Neugierige erfahren es bereits, wenn sie weiterlesen.
Neue Wege beim Kabeldesign
Bei der Entwicklung der zeroCM genannten Technologie – laut LAPP eine innovative EMV-Lösung – ging das Unternehmen ganz neue Wege. Statt wie üblicherweise das Problem EMV über die Schirmung zu lösen, wurde das komplette Kabeldesign der ÖLFLEX SERVO FD zeroCM neu gedacht. Drei Phasenleiter sind nun symmetrisch angeordnet und in einer Innenlage verseilt. Ergänzend wird der Schutzleiter in einer Außenlage mit entgegengesetzter Verseilschlagrichtung um die drei Phasenleiter in einem bestimmten Schlaglängenverhältnis verseilt. Die Isolation der Leiter ist kapazitätsoptimiert und besteht aus Polyethylen, Polypropylen oder aus einer geschäumten Variante. Zwischen der Innenlage und der Außenlage befindet sich ein trennendes Vlies. „Durch diese spezielle, innovative Verseiltechnik erreicht man perfekte elektrische Symmetrie, welche die magnetische Abstrahlung reduziert und die internen Kopplungen stark verringert“, erklärt Stefan Hilsenbeck, Senior Engineer Advanced Technology bei der LAPP Holding AG.
Die Vorteile der Erfindung liegen laut LAPP klar auf der Hand: Die EMV-optimierte Kabelkonstruktion sei leicht umsetzbar und böte den besten Schutz vor EMV-bedingten Störströmen. „Die Leitung ist vom visuellen Erscheinungsbild unsymmetrisch, jedoch erzielen wir 100% elektromagnetische Symmetrie und kommen dadurch sogar mit weniger Schirmung aus“, betont Hilsenbeck.
Ursache ohne Wirkung
Zusammengefasst beseitigt die zeroCM-Technologie zwar nicht die Ursache von EMV-Störungen, packt jedoch genau eine der signifikanten Stellen an, an der Störungen in das Systemumfeld eingebracht werden. Einerseits ermöglicht der neuartige Kabelaufbau um bis zu 80 Prozent reduzierte Ausgleichsströme am Frequenzumrichter-Ausgang und auf parallelen Pfaden wie beispielsweise Datenleitungen. Andererseits sorgen reduzierte Kabel-Umladeströme (cable-charging current) für verringerte Last am und im Frequenzumrichter selbst. So sollen beispielsweise längere Kabellängen verlegt werden können, ohne dass der Frequenzumrichter außerhalb seiner (EMV-)Spezifikation betrieben wird. Zudem unterbindet die zeroCM-Technologie das Entstehen von Spannungspegeln auf dem Masse-/Erdpotential (Ground-Voltage) auf der Verbraucherseite. Dies ist besonders wichtig, wenn beispielsweise empfindliche Sensorik wie Analoggeber zum Einsatz kommen.
Forschungsprojekt bestätigt Wirksamkeit
Die Wirksamkeit der neuartigen Leitung wurde im Rahmen des „PEPA“-Forschungsprojektes des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz bereits bestätigt. Neben LAPP sind an dem Projekt die Firmen SEW-EURODRIVE, BLOCK, Danfoss, MAGNETEC und die Technische Universität Darmstadt beteiligt. Die besten Werte hinsichtlich Ableitstrom am Umrichter-Ausgang wurden durch den kapazitätsarmen Aufbau der zeroCM-Leitung erreicht. Außerdem wurde der über eine parallel liegende Signalleitung fließende Störstrom untersucht: Auch hier begünstigt der Einsatz der zeroCM-Leitung die Ausprägung von möglichst geringen Störströmen.
Günstiger Kostenfaktor
Über die beschriebenen Vorteile hinaus können Anwender auch Kosten sparen, weil auf aufwendige Filtertechnik verzichtet werden kann und die Anlage stabiler läuft. „Obwohl die neue Leitung beim ersten Konfektionieren vielleicht ungewohnt erscheinen mag, bleibt die Verkabelung gewohnt einfach, beziehungsweise der Aufwand reduziert sich sogar im Vergleich zu den Erd-symmetrischen Leitungen mit gedritteltem Schutzleiter, die aktuell noch marktüblich sind“, so Hilsenbeck. LAPP plant, sein Portfolio mit der zeroCM-Technologie weiter auszubauen. Als nächstes sind Hybridleitungen im Fokus. Hybridleitungen, Sammelleitungen oder One-Cable-Solutions beinhalten neben den Leistungsadern auch Daten-, Resolver-, oder Steueraderpaare, welche bisher aufwendig von den Leistungsadern abgeschirmt wurden. Durch die zeroCM-Technologie ergibt sich eine völlig neue Freiheit der Anordnung der Konstruktionselemente, was den Materialeinsatz senken und die Performance steigern soll.
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