Pioniere müssen Rückschläge aushalten
Klaus Helmrich ist sehr oft in der Welt unterwegs und trifft viele Industrial Pioneers - aus großen und kleinen Unternehmen. Für ihn sind industrielle Pioniere Persönlichkeiten, die nachhaltig Verbesserungen herbeiführen. Im Interview mit dem Magazin der Hannover Messe erklärt der Vorstand der Siemens AG, wie sein Unternehmen diese Pioniere findet, welche Technologien morgen entscheidend sind und was die neuen Vordenker fordern.
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Wann haben Sie zuletzt einen Industrial Pioneer getroffen?
Ich treffe zu vielen Gelegenheiten außergewöhnliche Unternehmenspersönlichkeiten, sowohl aus großen als auch aus kleinen und mittelständischen Unternehmen. Diese Persönlichkeiten haben über lange Jahre ihre Unternehmen weiterentwickelt, stets mit dem hohen Anspruch ihren Kunden ein besseres Produkt oder eine bessere Lösung zu liefern. Dabei waren Technologien und Innovationen in Kombination mit neuen Geschäftsmodellen die Schlüssel für den Erfolg.
Was zeichnet einen Industrial Pioneer aus?
Industrielle Pioniere sind Persönlichkeiten, die nachhaltig Verbesserungen herbeiführen. Ein solcher Pionier kann Ideen formulieren, auch wenn diese zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht umgesetzt werden können. Aber die Beschreibung der Idee und der dafür in Frage kommenden Technologien helfen, die Ideen eines Tages verwirklichen zu können. Dabei zeichnen sich solche Pioniere vor allem durch ihr Durchhaltevermögen aus. Sie müssen Rückschläge aushalten, aus ihnen lernen und vielleicht sogar als Motivation ansehen. Zuletzt muss ein industrieller Pionier in der Lage sein, seine Erfindungen wirtschaftlich erfolgreich am Markt zu etablieren.
Was sind für Sie die 3 Pionier-Technologien von morgen und warum?
Wesentlicher Treiber neuer Technologien ist aus meiner Sicht die Individualisierung im Consumer-Bereich. Sie führt zu neuen Prozessen im Bereich von Design und Produktion, und damit auch zu neuen Anwendungen. In der Fertigungs- und der Prozessindustrie sind dies insbesondere Softwareanwendungen, die die reale und die virtuellen Welt verschmelzen. Dazu zählen IT-Technologien in der Fertigungsumgebung, etwa Edge Computing oder IoT-Plattformen wie MindSphere von Siemens. Auch bei industrieller Sicherheit, industrieller Kommunikation bleibt die Entwicklung nicht stehen. Denken Sie zum Beispiel in der Kommunikation an 5G. In anderen Branchen über die Industrie hinaus sehe ich die Schlüsseltechnologien vor allem im Bereich autonomes Fahren sowie leistungsstarke Speicher- und Ladetechnik. Technologien dürfen dabei nie isoliert betrachtet werden: Sie müssen stets einerseits zum Geschäftserfolg beitragen und andererseits auch einen gesellschaftlichen Zweck erfüllen, also etwas zu einem besseren Leben der Menschen beitragen.
Industrial Pioneers ist der Titel dieses Magazins – wo sitzen die Pioniere von morgen – in der Universität oder auch im Fablab, in den USA, in Europa oder Asien?
Pioniere werden immer dort zu finden sein, wo Technologien auf Anwender treffen – also dort, wo es Feed-back und Rückkopplungen zwischen Technologien und Anwendungen gibt. Das kann grundsätzlich überall sein, es gibt keine örtliche Begrenzung oder Schwerpunkte. Nicht zuletzt bieten der virtuelle Raum und der Austausch über virtuelle Netzwerke heute nahezu grenzenlose Möglichkeiten. Daher werden wir insbesondere im virtuellen Raum zunehmend Innovationen sehen, vor allem bei digitalen Dienstleistungen.
Wie findet Siemens diese Pioniere?
Wir führen auf allen Ebenen einen Dialog mit unseren Kunden, um deren Problemstellungen zu verstehen und gemeinsam mit Kunden praxistaugliche Lösungen zu entwickeln. Daher investieren wir nicht nur mehr als fünf Milliarden Euro jährlich in die Forschung und Entwicklung, sondern auch weit über eine halbe Milliarde Euro pro Jahr in die Aus- und Weiterbildung unserer Mitarbeiter. Dadurch schaffen wir ein geeignetes Umfeld, in dem Pioniere arbeiten, sich entwickeln und neue Ideen einbringen können.
Was wollen diese Pioniere – anders vielleicht als vorherige Generationen?
Industrielle Pioniere wollen selbstständiger arbeiten und in innovativen Netzwerken mit Partnern kooperieren. Die Zusammenarbeit ist dabei stärker durch Fachwissen und Unternehmergeist geprägt als durch traditionelle Strukturen oder Hierarchien. Junge industrielle Pioniere haben zudem andere, umfassendere Erfahrungen in der Anwendung mit Software gemacht als vorherige Generationen. Dadurch können sie neue Möglichkeiten der Datenanalysen oder auch von künstlicher Intelligenz oft besser beurteilen und sich entsprechend einbringen.
Wie schwer fällt es Siemens mit kleinen Unternehmen, die Pioniere sein können, zusam-menzuarbeiten?
Viele unserer Kunden kommen aus dem Mittelstand, deswegen arbeiten wir seit Jahrzehnten mit KMUs zusammen. Mit der Startup-Szene kommt eine neue Generation auf den Markt, mit der wir immer enger zusammenarbeiten, z. B. mit unserer eigenen Start-up-Einheit next47 oder im Umfeld von MindSphere mit dem Open Space in Berlin, bei Entwicklerwettbewerben, Hackathons usw. Die Vorstellung, alles selbst entwickeln zu müssen, haben wir hinter uns gelassen. Es ist wichtiger, in einem Ökosystem mit den richtigen Partnern, Kunden und anderen Unternehmen – vom Startup über kleine und mittlere Unternehmen bis zum internationa-len Konzern - zusammenzuarbeiten. Wir behalten dabei unsere Kernkompetenzen bei und bauen diese im Ökosystem aus, wie etwa das Beispiel MindSphere zeigt.
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