Rettet Bioökonomie die Welt?
Organische Verbindungen ersetzen immer häufiger fossile Ressourcen. Pflanzliche Rohstoffe machen Erdöl in der Kunststoffproduktion überflüssig, Bakterien und Enzyme werden stärker industriell genutzt. Können wir mit "grünen" Materialien den Umwelt-GAU verhindern?
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Jahrhundertelang kannte die Wirtschaft nur ein Dogma: höher, schneller, weiter. Dem setzen Bioökonomen ein völlig anderes Konzept entgegen. Sie fordern eine Kreislaufwirtschaft nach dem Vorbild der Natur, mit nachwachsenden Rohstoffen statt Erdöl und einer ressourcenschonenden Industrie.
Die Hoffnungen könnten größer nicht sein: Bioökonomie soll die globalen Herausforderungen der Menschheit lösen. Etwa die Ernährung wachsender Bevölkerungen sicherstellen, unsere Energieversorgung von fossilen Brennstoffen unabhängig machen und den Klimawandel aufhalten. Dass diese Ziele gar nicht mal so unrealistisch sind, zeigen die Erfolge der vergangenen Jahre, insbesondere im Bereich der Materialforschung.
Bio schafft Perspektiven und Märkte
14 Millionen Tonnen Verpackungen werden jährlich allein in Deutschland hergestellt, fast 40 Prozent davon bestehen aus Kunststoff. Wir verbrauchen 1,8 Millionen Tonnen kurzlebige Plastikprodukte wie Folien oder Tragetaschen. Dabei gibt es eine Alternative: Kunststoffe aus Stärke und biologisch abbaubaren Polylactiden. Zwar sind die grünen Materialien teurer als die konventionellen, insbesondere in Zeiten billigen Erdöls. Aber sie gewinnen dennoch immer größere Marktanteile.
Das liegt vor allem am wachsenden Umweltbewusstsein der Verbraucher. Wer Bio-Lebensmittel kauft, erwartet meist auch eine biologisch abbaubare Verpackung. Experten schätzen, dass sich europaweit die Hälfte der sechs Millionen Tonnen Wegwerf-Verpackungen durch Biokunststoffe ersetzen ließen. Der Weltmarkt könnte bis zum Jahr 2021 auf rund 5,8 Milliarden US-Dollar wachsen, mehr als dreimal so viel wie 2014.
Umweltschutz fängt klitzeklein an
Mikroorganismen spielen eine immer wichtigere Rolle für industrielle Prozesse aller Art und sind auch ein Schlüsselbereich in der Weiterentwicklung der Bioökonomie. Wertvolle Dienste für eine saubere Produktherstellung leisten insbesondere Bakterien und Pilze. Aus ihnen lassen beispielsweise Enzyme gewinnen, die chemische Reaktionen umweltschonend in Gang bringen.
Die Einsatzmöglichkeiten für Enzyme haben sich im Zuge fortschrittlicher Bio- und Gentechnologie, Genetik und Molekularbiologie stark erweitert. Sie stecken heute nicht mehr nur in Wasch- und Reinigungsmitteln, in Zahnpasta oder Shampoos. Enzyme helfen auch dabei, Biotreibstoff zu gewinnen und Produktionsprozesse nachhaltiger zu gestalten. Beispiel Silikat: Die Industrie musste das Mineral bisher bei mehr als 1.800 Grad Celsius im Glasschmelzofen herstellen. Dann entschlüsselten Forscher das Geheimnis von Meeresschwämmen, denen dasselbe mit dem Enzym Silicatein gelingt – im kalten Ozean.
Gemeinsam anpacken
Alle Experten sind sich einig: Der Strukturwandel hin zur nachhaltigen Wirtschaft kann nur gelingen, wenn Forschende, Rohstoffproduzenten, industrielle Anwender und die Gesellschaft in Dialog treten und gemeinsam Lösungen finden. Bioökonomie allein rettet nicht die Welt. Das können nur wir selbst.
Was heute bereits möglich ist und wohin die Reise bioökonomischer Materialforschung geht, erfahren Sie auf der HANNOVER MESSE 2016 – beispielsweise in der Sonderschau Global Material Innovations. Tauschen Sie Ideen aus, informieren Sie sich über die spannendsten Projekte und knüpfen Sie neue Kontakte bei der Leitmesse Research & Technology und zahlreichen Zusatzformaten, etwa zum Thema Organische Elektronik.
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