Aussteller & Produkte
Events & Speakers

Seit einigen Monaten geistert ein Witz durch die sozialen Netzwerke. „Künstliche Intelligenz macht man mit Powerpoint und Machine Learning mit Python.“ Hintergrund des Scherzes ist die inflationäre Zunahme des Begriffs der „Künstlichen Intelligenz“ - vor allem in den Marketingabteilungen der Industrieunternehmen. Die Entwickler sprechen vom Machine Learning und nutzen dafür eine Programmiersprache, deren Erfolg in der Industrie erst in den letzten Jahren einsetzte.

Vater dieses Erfolgs ist der Erfinder von Python: Guido van Rossum. Der Niederländer war bis 2018 Benevolent Dictator for Life, ein wohlwollender Diktator. Dabei handelt es sich um eine Person, ohne welche die Community allein keine wichtigen Entscheidungen zu Python treffen kann.

Der Niederländer entwickelte die Hochsprache in den 90er Jahren. In der Entwicklercommunity erzählen sich die User die Geschichte, dass van Rossum, ein großer Fan von Monty Python´s Flying Circus, die Sprache nach den englischen Komikern benannt habe. Python wuchs in den Anfangsjahren vor allem bei Internet-Anwendungen. Mit der zunehmenden Vernetzung von Maschinen und Anlagen interessierten sich auch immer mehr Ingenieure der diskreten Fertigung für die Sprache.

Hochsprachen-Programmierung schafft Flexibilität hat eine große Entwicklergemeinschaft und bietet Hardwareunabhängigkeit. Dazu kommt: Es existieren zahlreiche Programm-Quelltexte und Beispielprogramme und der Anwender ist nicht auf den Funktionsumfang beispielweise einer IEC beschränkt. Analysetools, Softwaremehrwerte, Datenbanken, Anbindungen an Webservices funktionieren heute über Scriptsprachen und gewinnen an Bedeutung für die Industrie, denn darüber können Kosten reduziert oder neue Geschäftsmodelle realisiert werden.

Die Trends in der Industrie zu Cloud-Computing, Connectivity, Big Data, Machine Learning, Modellierung, Simulation, Security etc. verbunden mit dem Zeitgeist von Open Source zwingt die Automatisierung sich an etablierten IT-Techniken zu orientieren. Stichwort Open Source: Erst unlängst veröffentlichte BMW ausgewählte Algorithmen auf Github und hofft auf Verbesserungen durch die Community.

Ob van Rossum das ahnte als er in den Weihnachtsferien 1989 an Python tüftelte? Sicher nicht. Van Rossum ging 2005 zu Google, dann zu Dropbox. Das Unternehmen verließ er 2019 und verabschiedete sich nach eigenen Aussagen in den Ruhestand - mit 63 Jahren.

Was bleibt ist seine Entwicklung, die neben anderen Hochsprachen heute Standard auch an vielen Hochschulen ist. Python ist schnell erlernbar und intuitiv. Kein Wunder also, dass das Fachmagazin IEEE Spectrum des Institute of Electrical and Electronics Engineers Python 2019 zur wichtigsten Sprache kürte - zum wiederholten Male.

Auch Bosch Rexroth hat van Rossums Sprache für sich entdeckt. Neben den klassischen Programmierungen nach PLCopen, IEC 61131 und G-Code lassen sich auch höhere Programmiersprachen wie C++, Skriptsprachen wie Python und grafische Sprachen wie Blockly für die App-Programmierung auf der neuen Automatisierungsplattform ctrlX AUTOMATION der Lohrer verwenden. Anwender können Apps in Python schreiben und dann auf der SPS ausführen, heißt es.

Doch nicht nur in der Steuerungswelt widmen Entwickler Python verstärkt Aufmerksamkeit. Im Bereich Machine Learning ist die Sprache nicht mehr wegzudenken - eine Sprache aus Europa, das immer als abgehängt in Sachen KI und ML bezeichnet wird. Python kombiniert große Machine Learning-Bibliotheken wie TensorFlow oder Keras mit schnellen Laufzeiten. Große Unternehmen und Gründer wie Albert Krohn von 21 data aus Nürnberg nutzen Python. Seine Auto-ML-Plattform basiert auf den Arbeiten von van Rossum und der Community. Mittlerweile ist die Gemeinschaft bei der Version 3.8.1 angelangt.

Auch die der Robotik-Entwickler vertrauen der Sprache aus den Niederlanden. Im ROS-Ökosystem (Robot Operating System), in dem es auch für Industrierobotik einen Bereich gibt, arbeiten viele Ingenieure am Anfang mit Python und wechseln dann bei spezielleren Aufgaben in andere Sprachen.

Und dann gibt es doch noch eine direkte Verbindung von Python der Sprache und den Komikern von Monty Python. Die Silly Walks erinnern frappierend an die Machine Learning-Anwendungen, in denen Google einer KI-Anwendung das Gehen beibrachte - eine technische Revolution, denn der KI-Anwendung wurde nie gezeigt, wie das Gehen aussieht.