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Nicht selten steckt der Teufel bei Automatisierungslösungen im Detail: Aspekte des Maschinenbaus, der Elektrotechnik und des Computerengineerings müssen für den gewünschten Anwendungsfall durchdacht werden. Das Robotics Engineering Application Lab for Matrixproduction oder kurz REAL-M des Fraunhofer-Instituts für Werkzeugmaschinen und Umformtechnik IWU in Chemnitz soll alle relevanten Faktoren abbilden – die physische Struktur und Mechanik von Robotern mit ihren Gelenken, Aktuatoren und Sensoren ebenso wie elektrische Systeme einschließlich Stromversorgung, Steuerung und Motoren bis hin zu Algorithmen und Entscheidungsfindung.

Zeitgemäße, mehrschichtige Steuerungsarchitektur

Auf der Roboterebene legt eine Steuerung fest, welche Bewegungen die einzelnen Roboter ausführen dürfen, auch im Zusammenspiel miteinander. Übergeordnet agieren eine speicherprogrammierbare Steuerung sowie ein Leitrechner. Dieser sorgt für die Sicherheit der gesamten Zelle und bildet die Schnittstelle zu Edge-Devices, kommuniziert also mit produktionsnahen Hochleistungsrechnern, die sehr nahe an der Wirkstelle Messdaten von Sensoren in Echtzeit verarbeiten können.

Premiere: Digitaler Zwilling einer Mehrroboterzelle

Bei REAL-M gibt es ein digitales, dreidimensionales Abbild nicht nur von einzelnen Komponenten, sondern auch von der gesamten Zelle. Konkret kommt ein Modell zur virtuellen Inbetriebnahme (VIBN) zum Einsatz, welches als Software-in-the-Loop (SiL) oder Hardware-in-the-Loop (HiL) mit der Anlagensteuerung verbunden werden kann. Beide Methoden ermöglichen es, die Funktionsweise der Zelle am Simulationsmodell zu testen, ohne die realen Roboter in Bewegung zu versetzen. HiL bedeutet dabei die Anbindung des VIBN-Modells an die tatsächliche Steuerungshardware im Schaltschrank, während bei SiL eine Emulation (originalgetreue Kopie) des Steuerungssystems verwendet wird. So können auch während des Betriebs der realen Zelle Steuerungslösungen für andere Anwendungsfälle mit direkt übertragbarem Steuerungscode am realitätsnahen VIBN-Modell entwickelt, getestet und optimiert werden. Dies ist gerade bei einer so vielseitigen Roboterzelle sinnvoll, da die nächsten Aufgaben sehr realitätsnah vorab und am Schreibtisch getestet werden können. Die virtuelle Inbetriebnahme steigert die Effizienz beim Arbeiten erheblich: Dank der Steuerungsanbindung des Simulationsmodells besteht kein Unterschied zwischen der Bedienung von Simulation und realer Anlage.

Zu 100 Prozent zuverlässige Simulationen für kürzere Time-to-Manufacturing

Das Robotics Engineering Application Lab for Matrixproduction ist für die Simulation mit aktuell vier interagierenden Robotern nach Robotics-Engineering-Maßstäben vorbereitet. Die Reife eines Produktionskonzepts und seiner Prozesse soll damit bereits vor der Inbetriebnahme eine völlig neue Qualität und Verlässlichkeit erreichen, auch und gerade bei komplexen Fertigungssystemen, in die mehrere Roboter eingebunden sind. Anspruchsvolle, schnell wechselnde Fertigungsaufgaben lassen sich zügig bearbeiten, die Zeitspanne vom Auftrag bis zur Produzierbarkeit (Time-to-Manufacturing) verkürzt sich erheblich. Interessierte Firmen können in Chemnitz testen, ob ihr Produktionskonzept wie geplant funktioniert. Das Fraunhofer IWU wird seine Softwarelösung für Kunden nutzbar machen und Beratungsleistungen dazu anbieten beziehungsweise Interessenten die Herangehensweise und Wirtschaftlichkeit des Digitalen Zwillings an REAL-M demonstrieren – damit für Unternehmen der Übergang vom digitalen Abbild zur realen Produktion noch schneller und mit weniger Feedbackschleifen gelingt.

Weitere Annäherung von Simulation und Realität

REAL-M bedeutet insbesondere einen großen Fortschritt bei der weiteren Annäherung von Simulation und Realität. Faktoren wie die Größe beziehungsweise Traglast und Reichweite der eingebundenen Roboter, deren Genauigkeit, Kinematik, die Steuerung der Antriebe, die Umgebungstemperatur, Materialeigenschaften oder Ungenauigkeiten im Produkt exakt abzubilden, bleibt eine Herausforderung – die sich nun besser beherrschen lässt. Steuerungstechniker und Konstrukteure können sich ab sofort noch näher an die Grenzen eines Digitalen Zwillings und von Simulationsergebnissen herantasten.

Matrixproduktion: auslastungsoptimiert und hochflexibel

Der Oberbegriff für das Zusammenspiel der erwähnten Abläufe lautet Matrixproduktion. Wesentliche Merkmale eines solchen Produktionssystems sind auslastungsoptimierte, flexibel angeordnete Fertigungsmodule oder Zellen, die durch fahrerlose Transportsysteme bestückt werden und eine Vielzahl von Produkten fertigen können. Die einzelnen Fertigungsinseln beherrschen dabei alle relevanten Produktionsprinzipien, sind miteinander vernetzt und ermöglichen einen Durchlauf des Bauteils in der Reihenfolge, die für das Bauteil am sinnvollsten ist – für den perfekten Fertigstellungszeitpunkt. Schon länger ist die Matrixproduktion einer der Forschungsschwerpunkte des Fraunhofer IWU an seinen Standorten Dresden und Chemnitz – mit REAL-M in Chemnitz als Kernelement einer Matrixproduktion im realen Betrieb.

Beispielgebend: nachhaltiger Einsatz von Hardware (Re-Use)

Etwa die Hälfte der Roboter-Hardware und Greiftechnik in REAL-M stammt übrigens aus einer früheren, am Fraunhofer IWU installierten Karosseriebauanlage und konnte weiterverwendet werden: Die Forschenden verhalfen vorhandener Technik per Software-Update und dank einer neuen Steuerungsarchitektur zu den gewünschten neuen Fähigkeiten.

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