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Audi entschied sich für eine Softwarelösung von Symmedia, Aussteller auf der Hannover Messe.

In Ostwestfalen scheinen Ideen für die Industrie gut zu gedeihen. Große und kleine Unternehmen arbeiten und forschen, zum Teil gemeinsam, zur Fabrik und den Prozessen der Zukunft. Ein Unternehmen ist Symmedia - mit einem prominenten Investor, Oetker. Die Bielefelder entwickeln Fernwartungslösungen. Braucht man die eigentlich noch in Zeiten der vorausschauenden Wartung? Ja, meint Bernd Gebhard, Projektleiter Fernwartung im Audi-Werkzeugbau in Ingolstadt. Er stellt sich den Fragen Robert Webers.

Frage: Wie hat sich das Thema Fernwartung in den letzten fünf Jahren bei Audi verändert?

Gebhard: Der Transfer von Wissen ist bei Audi zu einem zentralen Thema geworden. Hierbei hat sich das Audi Fernwartungsportal zu einem festen Bestandteil etabliert. Das Kompetenzcenter Anlagen- / Umformtechnik bietet diese Portallösung als Dienstleistung an und tritt somit als Provider für interne und externe Service-Techniker auf. In den vergangenen Jahren standen die Ablösung von proprietären Einzellösungen und das verstärkte Augenmerk auf IT-Security und Datenschutz im Vordergrund.

Frage: In welchen Werken, in welchen Prozessen nutzt Audi Fernwartung und warum?

Gebhard: Aktuell sind die Werke in Deutschland, Ungarn, Slowakei und Mexiko angebunden – auch Lamborghini in Italien. Mittlerweile sind nicht nur die Karosseriebauten, sondern auch Presswerk, Lackiererei und Montage an diese Plattform angebunden. Gründe dafür sind die Unterstützung in den Inbetriebnahmephasen, präventive Wartung, die Qualifizierung von Technik und Mitarbeitern, aber auch das obligatorische Troubleshooting, also die Reduzierung von Ausfallzeiten. Expertenwissen gelangt somit schnell und bei Bedarf an weltweite Standorte. Durch vermiedene Reisen unserer Techniker sparen wir nicht nur Zeit und Geld für Dienstreisen, sondern sorgen damit auch für weniger CO2-Ausstoß.

Frage: Wann entstand das Fernwartungsportal und wie binden Sie Ihre Zulieferer ein?

Gebhard: Prof. Dr. Hubert Waltl – ehemaliger Werkzeugbauleiter und heutiger Audi-Produktionsvorstand – hat den Startschuss für das Fernwartungsportal 2008 gegeben. Damals diente es für die Inbetriebnehmer des Anlagen- und Vorrichtungsbaus zur Unterstützung, seit 2012 bieten wir das Portal als Unterstützungsmedium für Fernwartungseinsätze auch weiteren Audi-internen Spezialisten wie Instandhaltern und Planungsabteilungen sowie externen Firmen (Schweißzangen-, Roboterherstellern) an.

Der Instandhalter vor Ort initiiert die Fernwartung. Im Portal wählt er sich die Firma oder Abteilung in einem sogenannten Anlagenbaum aus und verschickt einen Service Request. Der Service-Techniker meldet sich mit einem SecurID-Token an und wird mithilfe des Service Request direkt zu der zu wartenden Anlage weitergeleitet. Der Anlagenbetreiber vor Ort hat dabei immer die volle Kontrolle. Beim Schließen der Serviceanfrage wird der Service-Techniker abgemeldet und die Fernwartung ist beendet.

Folgende Funktionen sind möglich:

  • Zugriff auf dem Bildschirm vor Ort
  • Datentransfer
  • Tunneldienste
  • Remote Monitoring
  • Konferenzcenter / Integration Datenbrille / Livebilder
  • Die Sicherheit steht an erster Stelle. Jeder sieht nur das, was er sehen soll, und kann nur das machen, was er darf.

    Frage: Ist mit dem Portal auch ein Wissensmanagement verbunden?

    Gebhard: An dieser Funktionalität arbeiten wir seit einiger Zeit. Eine Integration ist für dieses Jahr geplant. Der Instandhalter soll die Möglichkeit bekommen, werksübergreifend Wissen zu bestimmten Prozessen abzufragen. Außerdem kann in Datenbanken neues Wissen hinterlegt werden – beispielweise eine Anleitung, wie eine bestimmte Fehlermeldung behoben werden kann.

    Frage: Viele Zulieferer bieten eigene Fernwartungsportale an - war das keine Alternative und wie haben die auf ein Audi-Portal reagiert?

    Gebhard: Wir haben einen großen Benchmark durchgeführt, in dem wir Systemhersteller und -anwender befragt haben. Die beste Lösung bot 2008 die Symmedia. Seitdem haben wir das Portal zu einem Standard entwickelt, der alle IT-Vorgaben, Gesetze und Richtlinien einhält. Da wir die Usability sehr einfach gehalten haben, sind die externen Spezialisten von dieser Lösung leicht zu überzeugen. Portale von externen Firmen lassen sich mit den IT-Vorgaben hinsichtlich Datensicherheit nicht vereinbaren.

    Frage: Nutzen Sie das Fernwartungsportal auch länderübergreifend?

    Gebhard: Aktuell setzen wir das Fernwartungsportal auch außerhalb Deutschlands ein, und zwar in Mexiko, Slowakei, Ungarn und Italien. Demnächst wollen wir es auch in China testen.

    Frage: Fernwartung ist auch ein Sicherheitsthema - wie sichert Audi Daten ab?

    Gebhard: Wir sind zusammen mit der IT-Abteilung immer dabei, das Fernwartungsportal auf die Sicherheit zu überprüfen (Validierungen, Zertifizierungen, Risikoanalysen, PEN-Tests). Wir sind darauf bedacht, den Anlagenbetreibern durch Verwenden eines einzigen Standards, höchste Sicherheit für seine Anlagen zu gewährleisten. Verschiedenartige Systeme würden einen Nachteil bringen. Durch das Aufsetzen der Audi Fernwartungslösung können trotzdem unterschiedlichste Partnerfirmen angebunden werden.

    Im Prinzip verhält sich der Workflow ähnlich. Der Service-Techniker kann sich sicher von außen mit einem SecurID-Token in das Unternehmensnetzwerk wählen. Der Server im Rechenzentrum gewährt allerdings dem Externen erst Zugang, wenn eine Service-Anforderung ansteht. Diese wird direkt von der Anlage initiiert. Erst dann kann eine Verbindung stattfinden. Die Server aus den Anlagen und der Server im Rechenzentrum verbinden sich immer nur bei Bedarf. Eine Initiierung der Fernwartung läuft ausschließlich von der Anlagenseite aus ab.

    Frage: Fernwartung ist seit einigen Jahren eng mit dem Mobilfunk verbunden - sehen Sie neue Chancen durch 5G?

    Gebhard: Mobilfunklösungen sind aus Sicherheitsgründen untersagt.

    Frage: Ist mit dem Fernwartungsportal auch eine vorausschauende Wartung verbunden?

    Gebhard: Das Fernwartungsportal bietet ein Remote Monitoring an. Damit werden Big-Data-Lösungen unterstützt, aber auch Condition Monitoring und Predictive Maintenance sind Bestandteile dieses Moduls. Es können verschiedenste Parameter aus unterschiedlichsten Komponenten überwacht werden. Auch Aggregationen von Daten sind möglich. Bei Schwellwertüberschreitung können gemäß einer Eskalationsstrategie Warnmeldungen per Mail oder SMS verschickt werden. Dadurch können Produktionsstillstände vermieden werden.

    Frage: Worauf sollten Unternehmen achten, wenn Sie ein Fernwartungsportal aufbauen wollen?

    Gebhard: Wichtig ist, dass man sich immer streng an alle IT-Vorgaben und Gesetzmäßigkeiten hält. Der Integrationsprozess war aufwändig, aber dieser Aufwand war es wert, denn Sicherheit hat ihren Preis. Informationen sind unser größter Schatz im Unternehmen, daher gilt es, diese bestmöglich zu schützen.

    Frage: Wagen Sie einen Blick in die Zukunft - wie sieht Fernwartung in 10 Jahren in der Industrie aus?

    Gebhard: Die Intelligenz wird in den nächsten Jahren immer mehr auf die Automatisierungstechnik übertragen. Vorausschauende Wartung wird überall angewendet werden. Fernwartung wird immer ein fester Bestandteil bleiben, da Experten immer notwendig sein werden und die Komplexität der Fertigungsanlagen steigen wird. In zehn Jahren wird damit vermutlich jedes Automatisierungssystem sicher von außen erreichbar sein.