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Wasserstoff gilt als einer der vielversprechendsten Energieträger der Zukunft. Zweifler bemängeln jedoch die ungünstige Energiebilanz, da das Gas bisher in aufwendigen und somit teuren chemischen Prozessen gewonnen werden muss, beispielsweise durch Elektrolyse oder Methan-Reduktion – Verfahren, die bisher als alternativlos gelten, da das Wasserstoff-Gas viel zu flüchtig und zudem leicht biologisch abbaubar ist, um zum Beispiel in der Erdkruste große natürliche Reserven zu bilden. So dachte man jedenfalls bis jetzt.

Eine Entdeckung, die alles verändern könnte

Jetzt jedoch jetzt haben Forschende eine Entdeckung gemacht, die alles verändern könnte: Das Team um Laurent Truche von der Universität Grenoble-Alpes fand erstmals Indizien für ein großes Wasserstoff-Reservoir im Untergrund. Für ihre Studie hatten sie Gasmessungen in der rund 40 Kilometer nordöstlich von Tirana gelegenen Bulqizë-Chrom-Mine in Albanien durchgeführt. In diesem Bergwerk wurden bereits mehrfach flammbare Gase in den untersten Stollen nachgewiesen, die mitunter auch schon zu Explosionen führten.

Deutlich erhöhte Wasserstoff-Werte

Als Truche und sein Team die Luft und mehrere Wasseraustritte in der Mine untersuchten, stießen sie auf deutlich erhöhte Wasserstoff-Werte. „Wir beobachteten intensive Ausgasungen in den tieferen Ebenen des Bergwerks, vor allem in 500 bis 1.000 Meter Tiefe“, berichten sie. „In Wassertümpeln und Rinnsalen ist eine konzentrierte und intensive Blasenbildung zu sehen.“ Analysen ergaben, dass das dort austretende Gas zu 84 Prozent aus Wasserstoff besteht, weitere 13,2 Prozent sind Erdgas und rund 2,7 Prozent Stickstoff.

Ausgasungsraten weisen auf großes Potenzial

Doch wie viel Wasserstoff tritt in der Bulqizë-Mine wirklich aus? Um das zu ermitteln, installierte das Team ein Netzwerk von Sensoren und Durchflussmessern in den Schächten der Mine und in 38 Bohrlöchern. Sechs Jahre lang überwachten Truche und sein Team so die Wasserstoff-Austritte im Bergwerk. Das Ergebnis: „Pro Jahr werden in der Mine mindestens 200 Tonnen Wasserstoff freigesetzt“, berichten die Wissenschaftler. „Diese Ausgasungsraten sind jedoch Minimalwerte, die allein auf dem punktuell Gemessenen beruhen – keine Hochrechnung auf das gesamte Volumen. Wir haben nur einen Bruchteil der gesamten aus der Mine austretenden Luft überwacht.“

Rekordverdächtige Mengen von Wasserstoff-Gas

Doch schon diese Gasmengen sind rekordverdächtig: „Die Menge übertrifft die wenigen bisher dokumentierten Wasserstoff-Ausgasungen aus hyperalkalischen Quellen und Gasaustritten bei weitem“, schreiben Truche und seine Kollegen. Das Besondere an der Entdeckung sei auch, dass dieser große Ausstrom aus fast reinem Wasserstoffgas bestehe.

Ophiolit-Gestein als mögliche Quelle identifiziert

Das wirft die Frage auf, woher der Wasserstoff kommt. Als wahrscheinlichste Quelle sehen die Geologen die mächtige Formation aus Ophiolit-Gestein, in der das Bergwerk liegt. Ophiolite bestehen aus ozeanischem Krustengestein, das durch die Plattentektonik auf die Kontinentsockel geschoben wurde. Diese ehemalige Meereskruste bildet dadurch auf vielen Landmassen ausgedehnte geologische Formationen – auch in Südeuropa.

Von der Türkei bis nach Slowenien

„Dieser Ophiolit-Gürtel erstreckt sich über mehr als 3.000 Kilometer von der Türkei bis nach Slowenien“, berichten Truche und sein Team. Das von vielen tektonischen Verwerfungen und Rissen durchzogene Massiv reicht bis zu sechs Kilometer weit in die Tiefe. Doch bisher galten solche Ophiolit-Formationen – vom Chrom abgesehen – als eher rohstoffarm. „Die Öl- und Gasindustrie hat die Ophiolite in der Vergangenheit weitgehend ignoriert, weil man sie für die Kohlenwasserstoff-Gewinnung für ungeeignet hielt“, erklären die Forschenden.

Reiche Reservoire von qualitativ hochwertigem Wasserstoffgas

Doch der Wasserstoff in der Bulqizë-Mine wandelt nun das Bild. Denn wie die Wissenschaftler ermittelten, könnten allein im Ophiolit-Gestein unter dem Bergwerk zwischen 5.000 und 50.000 Tonnen Wasserstoff gespeichert sein. Dieser stammt höchstwahrscheinlich aus geochemischen Reaktionen der Minerale und sammelte sich im Laufe der Zeit in den Poren des Gesteins an. „Damit haben Ophiolite das Potenzial, reiche Reservoire von qualitativ hochwertigem Wasserstoffgas zu enthalten“, konstatieren Truche und sein Team.

Wasserstoff-Extraktion wahrscheinlich rentabel

Nach Ansicht der Forschenden könnte diese Entdeckung die Suche nach neuen Energie-Ressourcen und die Gewinnung von Wasserstoff substanziell verändern. „Bestimmte Ophiolite können ökonomisch abbaubare Ansammlungen von H2-Gas enthalten“, erklären sie. „Man könnte den Wasserstoff in solchen geologischen Kontexten kommerziell rentabel extrahieren, weil sich das Gas in Verwerfungszonen fängt und konzentriert.“

Ursprüngliche Quelle: American Association for the Advancement of Science (AAAS), dieser Text basiert auf einem Artikel von Nadja Podbregar in scinexx.de.

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