Weltraumrobotik aus dem Baukasten
Robotische Systeme übernehmen im All zunehmend zentrale Aufgaben. Doch viele bisher eingesetzte Roboter sind stark auf die jeweilige Mission zugeschnitten. Ändern sich die Anforderungen, müssen oft komplett neue Systeme entwickelt werden – mit hohem Zeit-, Kosten- und Ressourcenaufwand. Ein modularer Ansatz, entwickelt vom DFKI in Kooperation mit der Universität Bremen, soll das jetzt ändern.
9. Okt. 2025Teilen
Weltraumroboter werden bislang meist missionsspezifisch entwickelt – ein kosten- und zeitintensiver Prozess, der durch fehlende Wiederverwendbarkeit auch zur Entstehung von Weltraumschrott beiträgt. Forschende des Deutschen Forschungszentrums für Künstliche Intelligenz (DFKI) und der Universität Bremen haben daher ein modulares Baukastensystem entwickelt, mit dem sich robotische Systeme flexibel an unterschiedliche Einsatzszenarien anpassen lassen. Das System soll einen Paradigmenwechsel in der Raumfahrtrobotik markieren – hin zu effizienteren, robusteren und langlebigeren Technologien.
Mehr Modularisierung in der Weltraumrobotik
Mit dem Projekt MODKOM („Modulare Komponenten als Building Blocks für anwendungsspezifisch konfigurierbare Weltraumroboter“) haben das DFKI Robotics Innovation Center und die Arbeitsgruppe Robotik der Universität Bremen – beide unter Leitung von Prof. Dr. Frank Kirchner – einen wichtigen Beitrag zu einem grundlegenden Wandel in der robotischen Raumfahrt geleistet: weg von starren Einzelentwicklungen hin zu flexibel rekonfigurierbaren Systemen. Gefördert durch die Raumfahrtagentur im DLR mit Mitteln des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWE), entwickelten die Partner ein Baukastensystem für robotische Weltraumtechnologien.
Baukasten für rekonfigurierbare Weltraumroboter
Das Baukastensystem umfasst sämtliche erforderlichen Hardware- und Softwarekomponenten für den flexiblen Aufbau mobiler Roboter. Die Forschenden unterteilen diese in verschiedene Granularitätsebenen: Auf der untersten Ebene stehen Grundelemente wie Gelenke, Strukturelemente und Elektronikbausteine, die über standardisierte Schnittstellen miteinander verbunden werden können. Diese Basiseinheiten lassen sich zu Subsystemen kombinieren, die auf höheren Ebenen als modulare Funktionseinheiten in das Baukastensystem integriert sind.
„Plug and Play“-Prinzip
Auf der höchsten Ebene entstehen daraus komplette Systeme – etwa durch die Verbindung stationärer oder mobiler Plattformen mit Sensoren, Nutzlastcontainern oder Manipulatoren. Eine übergreifende Softwarearchitektur erlaubt es, die Systembausteine dynamisch nach dem „Plug and Play“-Prinzip während der Laufzeit einzubinden. Die entwickelten Schnittstellen ermöglichen zudem den Einsatz von Lern- und Optimierungsverfahren, mit denen sich automatisch optimale Hardware- und Softwarekonfigurationen generieren und einzelne Module anpassen lassen.
Vorteile: flexibel, robust, kosteneffizient
Das modulare System kann flexibel erweitert und an wechselnde Missionsanforderungen angepasst werden – auch nachträglich. Wiederverwendbare Module verkürzen Entwicklungs- und Qualifizierungszyklen deutlich und sparen damit Zeit und Kosten. Standardisierte Schnittstellen und spezielle Adapter ermöglichen die Integration kommerzieller, ursprünglich inkompatibler Komponenten, was das Anwendungsspektrum erheblich erweitert. Zudem erhöht die modulare Struktur die Ausfallsicherheit: Defekte Einheiten lassen sich schnell austauschen – ein klarer Vorteil bei Einsätzen in schwer zugänglichen oder risikobehafteten Umgebungen wie dem Weltraum.
Leistungsdemonstration und Qualifizierung für den Weltraumeinsatz
Um die Leistungsfähigkeit der entwickelten Systematik zu demonstrieren, realisierten die Projektpartner ein komplexes Manipulationssystem auf Basis des robotischen Baukastens. Dafür kombinierten sie einen am DFKI entwickelten modularen Manipulator mit zwei handelsüblichen Komponenten: der mobilen Plattform HUNTER SE von AgileX Robotics und der multifunktionalen Schnittstelle iSSI des iBOSS-Systems. In einer realitätsnahen Versuchsumgebung konnte anhand einer konkreten Manipulationsaufgabe gezeigt werden, wie flexibel sich externe Systeme in das Baukastensystem integrieren und einzelne Module schnell und bedarfsgerecht austauschen lassen.
Weiterentwicklung hin zu noch höheren Technologiereifegraden
Ein weiterer Schwerpunkt des Projekts lag auf der Qualifizierbarkeit der Komponenten: Mit dem DFKI-X2D-Gelenk entwickelten die Forschenden einen hochdynamischen Motor, der gezielt für den Weltraumeinsatz konzipiert wurde. Durch umfassende Qualifizierungstests konnte der Technology Readiness Level (TRL) 5 erreicht werden – ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur praktischen Anwendung im All. Zur Integration und Erprobung der Baukastenelemente unter realistischen Bedingungen wurde zudem ein moderner, ISO-konformer Reinraum am DFKI Bremen eingerichtet, der die Weiterentwicklung hin zu noch höheren Technologiereifegraden unterstützt.
Von der Forschung in die Praxis
Die im Projekt gewonnenen Erkenntnisse und Technologien bilden eine wichtige Grundlage für die Weiterentwicklung rekonfigurierbarer Weltraumroboter. Sie sollen künftig in reale Weltraummissionen einfließen und dazu beitragen, die Flexibilität, Effizienz und Nachhaltigkeit robotischer Raumfahrtsysteme deutlich zu verbessern.
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