Wichtiger Beitrag zur Wärmewende
Mit einer rund 400 Meter tiefen Forschungsbohrung untersucht ein Team des Deutschen GeoForschungsZentrums GFZ aus der Sektion 4.3 „Geoenergie“, ob die Sandsteinschichten des Jura am Standort Berlin-Adlershof für einen unterirdischen Wärmespeicher geeignet sind.
15. Jan. 2025Teilen
Die Speicherung von Wärme im Untergrund kann einen wichtigen Beitrag zur Wärmewende leisten. Eine Möglichkeit hierfür bietet die Speicherung von Wärme in Aquiferen, soll heißen in durchlässigen, Grundwasser-führenden Gesteinsschichten (Aquifer Thermal Energy Storage oder kurz ATES). Am Standort Berlin-Adlershof plant die Berliner Blockheizkraftwerks-Träger- und Betreibergesellschaft (BTB) derzeit im Projekt „Reallabor GeoSpeicher Berlin“ den größten Wärmespeicher der Bundeshauptstadt – in Kooperation mit dem Deutschen GeoForschungsZentrum GFZ und der TU Dresden.
Rund 85 Prozent der eingespeisten Wärme sollen zurückgewonnen werden
Die als Speicher anvisierten Aquifere liegen in rund 400 Meter Tiefe, wo Temperaturen von um die 23 Grad Celsius herrschen. Sollten die Forschungsbohrung unter der Leitung von Dipl.-Ing. Stefan Kranz und Dr. Katrin Kieling von der Sektion 4.3 „Geoenergie“ des Deutschen GeoForschungsZentrums GFZ und die daraus resultierenden Ergebnisse erfolgversprechend ausfallen, soll hier einmal in den Sommermonaten 90 Grad heißes Wasser eingespeist werden, das aus der Überschusswärme eines Holzheizkraftwerks stammt, in dem Altholz zur Energiegewinnung genutzt wird. Im Winter würde dann das heiße Wasser wieder hochgepumpt und in das bestehende Fernwärmenetz eingespeist werden. Modellierungen zeigen, dass rund 85 Prozent der eingespeisten Wärme wieder zurückgewonnen werden können.
Einsparpotenzial: rund 10.000 Tonnen CO2 pro Jahr
Der geplante Aquiferspeicher soll zur Dekarbonisierung der Fernwärme im Südosten Berlins beitragen, denn durch ihn könnte ein Viertel der Wärme, die zurzeit im Winter noch aus dem Steinkohleheizkraftwerk Berlin-Schöneweide stammt, regenerativ ersetzt werden. Auf diese Weise ließen sich rund 10.000 Tonnen CO2 pro Jahr einsparen.
So wurde gebohrt
Die eigentlichen Bohrarbeiten fanden im Rahmen des von der EU geförderten Projekts PUSH-IT vom 29. Juli bis zum 02. August 2024 statt. Aus einer bereits bestehenden Bohrung wurde im sogenannten Richtbohrverfahren ein Sidetrack gebohrt, das heißt ein Abzweig, der mit einer geringen Neigung vom ursprünglichen Bohrloch wegführt. Für dieses Vorhaben arbeiteten die Mitarbeiter der beauftragten Bohrfirma Anger’s Söhne Bohr- und Brunnenbaugesellschaft mbH gemeinsam mit den Forschern des GFZ im 24-Stunden-Schichtbetrieb. Um vom Bohrabschnitt zwischen 211 und 410 Meter Tiefe durchgängig Informationen zur Korngrößenverteilung im Gestein sowie der chemischen und mineralogischen Zusammensetzung zu erhalten, wurde pro Bohrmeter eine Probe des Bohrkleins genommen und untersucht. Zum Teil konnten die Proben direkt vor Ort durch die Geowissenschaftlerin M.Sc. Lioba Virchow, die am GFZ promoviert, mittels einer mobilen Röntgenfluoreszensanalyse charakterisiert werden.
Analysen des tiefen Gesteins
Nach erfolgreichem Abschluss der Bohrarbeiten wurden diverse geophysikalische Bohrlochmessungen vorgenommen, um das Speichergestein weitergehend zu charakterisieren. Anschließend wurde die Bohrung komplettiert: Sie wurde verrohrt, wobei die Verrohrung im Bereich der potenziellen Speicherschicht –zwischen 371 und 389 Meter Tiefe – als Filter zum Gestein ausgeführt wurde. Entlang der gesamten Verrohrung und des Filterbereiches wurden außerdem Glasfaserkabel verlegt. Hieran waren das GFZ-Spin-off FOMON GmbH und die GFZ-Sektion 2.2 „Geophysikalische Abbildung des Untergrunds“ maßgeblich beteiligt. Die Glasfaserkabel ermöglichen eine kontinuierliche Überwachung der Temperatur entlang des Bohrlochs in Abständen von einem halben Meter, sowie die Messung von akustischen Signalen und Dehnungsmessungen, die Aufschluss über mechanische Veränderungen in der Verrohrung und der Zementation geben können. Diese Arbeiten wurden im September 2024 erfolgreich abgeschlossen. In der aktuellen Phase finden unter anderem Tests zur Förderung von Wasser aus der Speicherschicht statt, später auch zum Einspeisen. Dafür wurde zunächst die beim Bohren anfallende Bohrspülung durch Klarpumpen entfernt, wobei schon das erste Formationswasser aus der Speicherschicht gefördert und beprobt wurde. Die stufenweise Erhöhung der Förderrate sowie die anschließende Ruhephase geben Aufschluss über die Produktivität und das hydraulische Verhalten der Bohrung.
Zwischenfazit
Priv.-Doz. Dr.-Ing. Guido Blöcher, Hydrogeologe und Leiter der Arbeitsgruppe „Nachhaltige Produktionstechnologien“ in der GFZ-Sektion Geoenergie resümiert: „Wir haben einen vielversprechenden Produktivitätsindex von über einem Liter pro bar und Sekunde ermittelt, der darauf schließen lässt, dass mit dem angeschlossenen Sandstein gute Förderraten erreicht werden können. Dies ist für eine großskalige Wärmespeicherung besonders wichtig.“ Und Dipl.-Ing. Stefan Kranz, Leiter der Arbeitsgruppe „Geothermische Verfahrenstechnik und Systemintegration“ in der GFZ-Sektion „Geoenergie“, betont: „Die Fertigstellung der Forschungsbohrung ermöglicht nun weitere Tests zur Charakterisierung des Speicherverhaltens des Hettang Sandsteins. Wir werden im Rahmen des PUSH-IT Projektes nun Untersuchungen zum thermischen und hydraulischen Verhalten des Speichergesteins durchführen und dabei auch den Einfluss der Temperatur auf geochemische und mikrobiologische Prozesse betrachten.“ Die Ergebnisse fließen dann in die Umsetzung des Wärmespeichers der Berliner Blockheizkraftwerks-Träger- und Betreibergesellschaft (BTB) ein.
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