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Die neue Bundesregierung hat wie angekündigt die Klimaschutzvorgaben verschärft und daher das Ziel der Treibhausgasneutralität bis 2045 gesetzlich verankert. Bereits bis 2030 sollen die Emissionen um 65 Prozent gegenüber 1990 sinken. Deutschland macht sich damit auf den Weg in die Klimaneutralität – und muss dafür Kohlenstoffkreisläufe in der Industrie baldmöglichst schließen. Doch das allein wird kaum reichen. Um gleichzeitig auch das 1,5-Grad-Ziel zu erreichen, muss nach Empfehlungen des Weltklimarates auch bereits emittiertes CO2 wieder aus der Atmosphäre entfernt und dauerhaft eingelagert werden.

Forscher suchen neue Wege zur Speicherung von CO2

„Damit industrielle Produktion trotzdem möglich bleibt, müssen wir technologisch ganz neue Wege gehen“, sagt Dr. Benjamin Dietrich vom Institut für Thermische Verfahrenstechnik (TVT) des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT). „Das gilt auch für die Bereitstellung von Kohlenstoff in der Industrie. Benötigt wird dieser bei der Produktion von Batterien, in der Farbindustrie, im Agrarsektor oder auch bei der Herstellung von Baustoffen. Bislang stammt er meist aus fossilen Quellen.“ Im von Dietrich koordinierten Forschungsprojekt NECOC (NEgative CarbOn dioxide to Carbon) entwickelt das KIT daher, gemeinsam mit den Verbundpartnern INERATEC und Climeworks, ein Verfahren, mit dem sich CO2 aus der Atmosphäre in Kohlenstoff verarbeiten lässt. „Wenn dieser dann langfristig gebunden bleibt, kombinieren wir negative Emissionen mit einem Baustein der postfossilen Rohstoffversorgung im Sinne einer zukünftigen Carbon-Management-Strategie. Das ist ein doppelter Beitrag für eine nachhaltigere Zukunft“, so Dietrich. Aktuell hat das Forschungsteam eine Versuchsanlage im Containermaßstab aufgebaut und in Betrieb genommen, mit der im kontinuierlichen Betrieb derzeit jeden Tag knapp zwei Kilogramm CO2 aus der Umgebungsluft entnommen und in 0,5 Kilogramm festen Kohlenstoff umgewandelt werden können.

In drei Schritten vom Treibhausgas zum Wertstoff

Das NECOC-Verfahren kombiniert dabei drei Prozessschritte. Im ersten Schritt wird mithilfe eines Adsorbers das CO2 aus der Umgebungsluft abgetrennt (Direct Air Capture). Anschließend wird es in einem mikrostrukturierten Reaktor mit grünem Wasserstoff aus einem angeschlossenen Elektrolyseur zur Reaktion gebracht, dabei gehen die Bestandteile Kohlenstoff und Sauerstoff eine neue Bindung ein: aus dem CO2 wird nun Methan und Wasser. Während das Wasser zurück in den Elektrolyseur fließt, strömt das Methan mit seinem Kohlenstoffbestandteil in einen Reaktor mit flüssigem Zinn. Im nun folgenden dritten Verfahrensschritt kommt es dort in aufsteigenden Blasen zur Pyrolysereaktion, soll heißen, die Methanmoleküle werden aufgespalten. Dabei entsteht Wasserstoff, der wieder dem ersten Schritt zugeführt wird. Übrig bleibt reiner Kohlenstoff, der als mikrogranulares Pulver auf dem Zinn schwimmt und von dort kontinuierlich aktiv abgeschieden wird. Dabei erlaubt das Verfahren durch Änderung von Prozessparametern wie dem Temperaturniveau unterschiedliche Kohlenstoffmodifikationen wie Graphit, Carbon Black oder sogar Graphen herstellen zu können.

Wie geht es weiter?

Mit dem Start der Versuchsanlage ist das Ende der ersten Förderphase des Projekts NECOC erreicht. Die zweite Phase sieht vor, das NECOC-Verfahren für eine erweiterte Ausbaustufe zu skalieren und zu optimieren „Wir wollen das Verfahren noch energieeffizienter machen, indem wir die Rückgewinnung von Prozesswärme verbessern“, so Projektleiter Dr. Leonid Stoppel vom Karlsruher Flüssigmetalllabor KALLA. „Außerdem betrachten wir die Integration von Hochtemperatur-Wärmespeichern und die direkte Einbindung solarer Wärme.“ Weiterhin sollen die Einbindung von CO2-Punktquellen, neuartige Ansätze zur Entnahme des CO2 aus der Luft sowie der Einfluss von Spuren- und Begleitkomponenten aus dem Prozessverbund auf die Kohlenstoffqualität untersucht werden.

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