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Macht ein globaler Produktionsverbund von regionalen Marktentwicklungen unabhängig?

Die Aufteilung des Umsatzes - je ein Viertel in Deutschland, in Europa, den USA und Asien - schafft uns eine hohe Robustheit gegen regionale Konjunkturschwankungen. Gegen eine globale Abkühlung ist jedoch kein Kraut gewachsen.

Für wie gefährlich halten Sie die aktuellen handelspolitischen Spannungen?

Aktuell ist beunruhigend, auf welcher Ebene die aktuellen Handelskonflikte ausgetragen werden. Da sind ja leider viele Eskalationsstufen denkbar. Wenn Protektionismus z.B. mittels Zöllen eine Wirtschaft gegen Importe schützen soll, dann kann ein Wirtschaftsunternehmen damit leben und sich darauf einstellen. Wenn geopolitische Interessen zu direkter Erpressung mit Liefer- und Produktionsverboten für bestimmte Märkte führen - und es gibt noch weit mehr „torture tools“ in den Arsenalen - , dann ist der Umgang damit schwieriger. Das gefährdet die Struktur der internationalen vernetzten Produktionsstätten, die wir in den letzten 20 Jahren erfolgreicher Globalisierung aufbauen konnten. Globale Produktionsnetzwerke sind ohne freie Märkte kaum möglich.

Ist denn der Ausbau der Portfolios in einzelnen Standorten eine mögliche Gegenstrategie?

Nein, nehmen sie die USA, hinter Deutschland unser wichtigster Absatzmarkt, den wir aus allen unseren globalen Fertigungsstätten beliefern. Wir - und übrigens auch viele unserer industriellen Kunden dort - produzieren aus den USA ebenfalls für den Weltmarkt. In einem Markt alles zu produzieren, was dort lokal gebraucht wird, ermöglicht nicht die „economies of scale“, die wir für die Wettbewerbsfähigkeit brauchen. Und selbst, wenn wir dies wollten: wir können nicht in beliebig kurzer Zeit reagieren und die Portfolios der einzelnen Standorte schnell ändern.

Wie sehen Sie die weitere Zukunft?

Diese geopolitischen Auseinandersetzungen der großen Handelsräume werden, darüber sollten wir uns klar sein, auch nach der Ära Trump weiterbestehen. Die Handelsbilanzen werden sich so schnell nicht ändern, mehr nationale Wertschöpfung und internationale Nachfrage lässt sich nicht mit Zolltarifen herbeikommandieren.

Welche Rolle kommt in diesem Kontext der Region Südostasien zu?

Südostasien ist der globale Hub für unsere Supply-Chain-Aktivitäten, wir betreiben dort internationales Sourcing. Die Standorte in Indonesien, Vietnam und Singapur sind für uns ein Produktionsverbund mit einer spektakulären Wettbewerbsfähigkeit. Dazu kommt die Logistik des Standorts Singapur mit seinem großen Containerhafen und Frachtflughafen in der Mitte der ASEAN-Region. Singapur ist für uns aber auch ein Safe Haven, der frei von Instabilitäten und Rechtsunsicherheit ist. Wir haben 30 Jahre Erfahrung mit der Stabilität der Versorgung und der Marktzugänge und können von dort, dieser “asiatischen Schweiz” aus Dinge angehen, die in einem hektischen und politischen Marktumfeld Chinas so nicht möglich wären. Made-in-Singapore wird uns trotz der geopolitischen Spannungen ermöglichen, in die meisten Märkte der Welt zu liefern. Da sind wir uns bei Made-in-China nicht ganz so sicher.

Welche Aufgaben kann der Standort für die Unternehmensentwicklung übernehmen?

Von Singapur aus fahren wir auch unsere Digitalstrategien für den asiatischen Markt. Die universitäre Infrastruktur Singapurs ist mittlerweile auf einem weltweit beachteten Niveau angekommen. Die Laborausstattung ist tendenziell besser als in Europa, die Absolventen der sechs Universitäten haben ein sehr hohes Niveau, ihre Ausbildung ist transparent. Das Economic Development Board -EDB fördert die Digitalisierung und investiert in Inkubatoren und Trendfabriken. Mit unseren Ingenieuren in Singapur können wir Zukunftstechnologien aufbauen. Und zwar nicht als Customizing, sondern als Sandbox: In diesem lokalen Markt mit wichtigen Kernindustrien können wir neue und eigene Ideen ausprobieren - ohne dass damit gleich unsere gesamte globale Marke berührt wäre. Dazu gibt es öffentliche Unterstützung und Anreizmodelle. Wir nutzen diesen Spielraum in der Automatisierung, um in neue Marktsegmente wie z.B. die Luft- und Raumfahrt vorzudringen.

Weltweit konkurrieren Industrieunternehmen auch über neue Geschäftsmodelle. Wie sehen Sie diesen neuen Innovationswettbewerb?

Auf uns Automatisierer kommen derzeit in einem ungekannten Ausmaß neue Technologien zu, die die Nachfrage unserer Kunden sehr stark verändern werden. Dieser Prozess wird nicht nur die Produkte ändern, sondern auch unsere Geschäftsprozesse, also die Art, wie wir unsere Produkte anbieten und Aufträge abwickeln. Heute weiß allerdings noch keiner genau, in welche Richtung sich das verändern wird. Es gibt Hunderte von Ideen, aber wohl nur eine Handvoll wird den Markt prägend verändern können. Der Druck, etwas zu tun ist da. Weil Unternehmen nicht wissen, welche Optionen sie wahrnehmen sollen, reagieren sie wie manche Pflanze: Wenn sie unter Stress stehen, bilden sie Angsttriebe aus und versuchen mit einer Vielzahl von Knospen ihr Überleben zu sichern. Und so investieren Unternehmen in alle möglichen Dinge - da mal Hunderttausend oder eine halbe Million für eine gute Idee außerhalb des Kerngeschäfts, hier mal der Kauf eines Start-ups, oder dort auch einmal eine Ausgründung. Alle fürchten, dass das heutige Geschäftsmodell noch trägt, aber kein Wachstum mehr generiert. An neuem Wachstum nicht partizipieren zu können, ist aber angesichts des wachsenden Kostendrucks ein Weg in die Katastrophe. Wir alle suchen eine überzeugende Story, wie wir unsere Wachstumsgeschichte fortschreiben können. Also experimentieren wir alle emsig. Alle investieren in die Digitalisierung, aber wer damit schon Geld verdient, lässt sich schwer sagen.

Welche Veränderungen sind denn bei Pepperl+Fuchs auf dem Weg?

Wir gehen vom Produkt über das System sehr stark in das Lösungsgeschäft, das schon einen erheblichen Anteil an unseren Umsätzen ausmacht. Im Bereich Software haben wir an vielen Stellen im Unternehmen neue Ansätze, um uns im Markt in neuen Feldern und mit neuen Teilleistungen zu positionieren. Neue Geschäftsmodelle streben wir aber nicht mit aller Gewalt an, sondern nur dort, wo sie neuen Kundennutzen stiften. Zu sehen, wie sich alle anderen dabei anstellen und Erfolgsrezepte ggf. zu übernehmen, ist eine spannende Sache.

Dazu sind Sie auch ganz neue Kooperationen eingegangen...

Gemeinsam mit SAP und BASF haben wir den Digital Hub Rhein-Neckar aus der Taufe gehoben. Da entsteht eine Zusammenarbeit, die wir so früher nicht gekannt haben. Jetzt können wir den ja so viel größeren Global Players entscheidende Element liefern, die in das Thema Konnektivität hineinpassen, das ja einer unserer wesentliche Stärken darstellt. Neue Daten, neue Protokolle, neue Architekturen ermöglichen neue Geschäftsmodelle und Kooperationen mit SAP, die wir vorher trotz langer und friedlicher Nachbarschaft gar nicht erahnen konnten. Zum Glück sind auch wir ein Unternehmen, das sich immer wieder neu und erfolgreich erfunden hat, und das auch immer relativ schnell. Diese Agilität zu bewahren und weiterzuentwickeln, wird nötig sein - gerade angesichts der Herausforderungen, die nach zehn goldenen Jahren der Rekorde nun heraufziehen.

Interview von Hans Gäng

Mehr Informationen finden Sie unter Global Business & Markets