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Was hat ein Wäschetrockner mit einer Batterie zu tun, was eine Photovoltaik-Anlage (PV) mit einem Elektroauto, was ein Transformator mit der Telekommunikation, was das Wetter mit der Waschmaschine, was ein Windkraftwerk mit einer Brennstoffzelle, was ein Blockheizkraftwerk mit der Strombörse?

Was wie mit wem zusammenspielen muss, damit Energieerzeugung, Energieverteilung und Energieverbrauch rund um die Uhr in Einklang stehen, darüber machen sich viele kluge Köpfe an Forschungsinstituten, bei Energieversorgungsunternehmen und in der Industrie Gedanken.

Nachgedacht haben auch die Macher der Hannover Messe über die Gestaltung der " Energy 2016 ", der "Internationalen Leitmesse für integrierte Energiesysteme und Mobilität". Sie werden auf der "Integrated Energy Plaza" modellhaft darstellen, wie das intelligente Zusammenspiel von vielen Komponenten zum integrierten Energiesystem der Zukunft wird.

Der Hintergrund alles notwendigen Handelns ist die zunehmende Menge an dezentral erzeugtem Strom. Schon heute klagen die Übertragungsnetzbetreiber über vermehrte notwendige Eingriffe ins Netzgeschehen, weil etwa Sonnenstrom mit aller Macht von rund 40 000 Megawatt installierter Leistung ins Netz drängt; das ist mehr als an manchen Sonntagen ín Deutschland verbraucht wird. Kommt dann noch Windstrom dazu, wird es kritisch fürs Netz, weil Stromspeicher für die Überschüsse fehlen.

Im Bundesministerium für Wirtschaft und Energie des Sigmar Gabriel (SPD) heißt es:

"Erneuerbare Energien sollen in Deutschland zukünftig den Hauptanteil der Energieversorgung übernehmen. Bis 2050 soll deren Anteil an der Stromversorgung mindestens 80 Prozent betragen. Die erneuerbaren Energien müssen daher kontinuierlich in das Stromversorgungssystem integriert werden, damit sie die konventionellen Energieträger mehr und mehr ersetzen. Dies erfordert einen grundlegenden Umbau des Energieversorgungssystems. Die Sicherstellung einer zuverlässigen, umweltverträglichen und volkswirtschaftlich effizienten Stromversorgung ist dabei eine der großen Herausforderungen der Energiewende. Ziele der Systemintegration der erneuerbaren Energien sind insbesondere:

- Ein sicherer Netzbetrieb bei hohen Anteilen erneuerbarer Energien
- Die Flexibilisierung von Stromerzeugung und -nachfrage
- Ein intelligentes Zusammenspiel von Stromerzeugung, -verbrauch und modernen Netzen
- Eine effiziente Nutzung der vorhandenen Netzstrukturen.

Dass dafür, auch wegen des wachsenden Anteils von Windstrom aus Offshore-Anlagen, Höchstspannungsleitungen (ob über oder unter der Erde) vom Norden in den Süden notwendig sind, ist das eher kleinere Problem verglichen mit dem, dass im Jahr 2050 vielleicht sieben Millionen Photovoltaik-Anlagen mit einer Leistung von 200 000 Megawatt installiert sind – und die speisen ihren Strom ins Verteilnetz ein, wo schon heute rund 90 Prozent des Erneuerbaren-Stroms landen.

Intelligente Lösungen

Netzprobleme gibt es bereits jetzt mit einem Anteil von rund 35 Prozent des Stroms aus Sonne und Co. sowie mit der Einspeisung aus 1,5 Millionen PV-Anlagen. Die Probleme werden also wachsen und mit ihnen die Kosten. Es sei denn, man findet intelligente Lösungen. Das wird versucht in vielen Modellprojekten, eines davon, und wie die Akteure glauben, "ein einzigartiges in Deutschland", ist das "Smart Operator"-Projekt in der Siedlung Wertachau bei Augsburg.

"Smart Operator – das intelligente Netz der Zukunft" ist der offizielle Name des Projekts, das im Mai 2012 begonnen wurde und Ende 2016 abgeschlossen sein soll. Träger sind die RWE Deutschland AG und ihre Tochtergesellschaft LEW, die Lechwerke in Augsburg. In Wertachau haben sie 125 Häuser in ihren Test einbezogen, 23 davon haben Photovoltaik-Anlagen auf ihrem Dach, alle haben intelligente Stromzähler, es gibt Wärmepumpen für die Heizung und für Warmwasser, angeschlossen sind intelligente Waschmaschinen, Wäschetrockner und Spülmaschinen, installiert sind Batteriespeicher und Ladestationen für Elektroautos.

Der vielleicht typische Einfamilienhaus-Besitzer der Zukunft hat das in seinen eigenen vier Wänden vereint: Die PV-Anlage auf dem Dach verbunden mit einem Batteriespeicher im Keller, der den Eigenverbrauch des Solarstroms optimieren soll. Der Speicher weiß, wann er Strom für die weißen Geräte nutzen soll oder für die Wärmepumpen oder für das Elektroauto. Was im Haus allein nicht mehr ausgeregelt werden kann, das macht in der Siedlung ein übergeordneter Smart Operator – das Kernstück des Feldversuches. Er muss dafür sorgen, dass sich Energieerzeugung und Energieverbrauch die Waage halten. Dazu verarbeitet er minütlich und selbstlernend Hunderte von Messsignalen aus dem Netz und gibt Arbeitsbefehle an die angeschlossenen Aggregate. Und er ist immer verbunden mit dem lokalen Wetterbericht.

Das hat sich in Wertachau bislang im Kleinen bewährt: Etwa 30 Prozent des überschüssigen Solarstroms werden durch Speicherung und Lastverschiebung vor Ort genutzt und belasten nicht das lokale Stromnetz. Die Erkenntnisse aus der kleinen Siedlung ließen sich übertragen auf Millionen Haushalte in der ganzen Republik, dazu dürften aber nicht individuelle Lösungen wie in Wertachau zum Einsatz kommen, sondern es müsste standardisierte Schnittstellen zu intelligenten Geräten geben und es bräuchte die Digitalisierung der Energiewirtschaft generell.

Und was da in Haushalten passiert, ist erst recht möglich in Gewerbe und Industrie, die sich mit ihrer Eigenerzeugung und ihrem flexiblen Energieverbrauch ins Energiesystem integrieren müssen.

Und immer wieder taucht die Frage auf, wann wir Energiespeicher im großen Stil benötigen: Ob nun Batterien oder Power-to-Gas oder Power-to-Heat. Auch da scheiden sich wie so oft bei der Energiewende die wissenschaftlichen Geister. Keinen Dissens allerdings gibt es bei der Forderung nach mehr Flexibilitäten bei Erzeugung und Verbrauch.

Dafür ist als allgemeiner Überbau die Digitalisierung der Energiewirtschaft notwendig. Einen ersten – umstrittenen – Gesetzesentwurf dazu gibt es. Aber Gesetz bedeutet nicht automatisch damit einhergehende Geschäftsmodelle. Integrierte Energiesysteme stehen noch ganz am Anfang, digitale Elemente könnten sie beflügeln. Die Fortschritte werden auf der HANNOVER MESSE 2016 erlebbar. Dort wird das Energiesystem der Zukunft präsentiert und gezeigt, wie Energieerzeugung, -verteilung, -speicherung und Mobilität künftig intelligent ineinandergreifen.