Plattformen im Mittelstand: Wann kommt das Amazon der Fertigung?
Uber, Amazon, Facebook: Plattformökonomie prägt viele Wirtschaftsbereiche maßgeblich mit. Für die Industrie ist das Geschäftsmodell aber noch weitgehend Neuland. Dabei birgt es hier enormes Potenzial – eine Chance für mittelständische Unternehmer mit Weitblick.
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Bei Plattformbetreibern denken die meisten an die großen Technologieunternehmen Google, Amazon, Facebook und Apple. Vielleicht auch an Uber und Airbnb. Aber kaum jemand hat die Fertigungsindustrie im Blick. Dort sind nach wie vor Industrie 4.0 und Internet der Dinge die wichtigsten Digitalthemen.
Plattformökonomie noch nicht verstanden
Gerade auch deutsche Unternehmen zögern, von der Digitalbranche zu lernen und neue Wege zu beschreiten. Sofern sie diese Wege überhaupt sehen: Nur vier von zehn Geschäftsführern und Vorständen in der Industrie kennen die Begriffe Plattformökonomie, Plattform-Märkte oder digitale Plattform. Das fand der IT-Branchenverband Bitkom Anfang 2017 in einer Umfrage heraus.
Dieses Nichtwissen könnte zu Disruptionen am Markt führen, wie es bereits in Handel, Transport, Hotellerie und vielen weiteren Branchen geschehen ist. "Plattformen können bestehende Märkte von Grund auf verändern", sagt Bitkom-Hauptgeschäftsführer Dr. Bernhard Rohleder. "Neue Unternehmen aus völlig anderen Branchen können die etablierten Platzhirsche verdrängen, wenn diese die Chancen der Digitalisierung nicht erkennen."
Stahl digital im Mittelstand
Das Traditionsunternehmen Kloeckner & Co. hat den Wandel früh erkannt und die Initiative ergriffen. CEO Gisbert Rühl ist bereits vor einigen Jahren ins Silicon Valley gereist, um sich Inspirationen zu holen, wie sich sein Geschäft "disrupten" lässt.
Heimgekehrt ist er mit einer spannenden Strategie, bei der eine eigene Service-Onlineplattform die zentrale Rolle spielt. Kunden und Partner können dort auf Tools und Daten zugreifen. Nach und nach sollen alle Marktteilnehmer auf der Plattform zusammenfinden, vom Lieferanten über den Hersteller bis zum Abnehmer. Dazu öffnet Kloeckner die Plattform schrittweise für Unternehmen, die das Produktangebot ergänzen. Außerdem soll eine Marktplatzfunktion hinzukommen. Auf diese Weise entsteht aus der Serviceplattform eine offene Industrieplattform, die Angebote verschiedener Wettbewerber bündelt.
Das Ziel ist nichts Geringeres als die Digitalisierung der gesamten Liefer- und Leistungskette der Stahl- und Metallbranche. Die Vorteile liegen auf der Hand: Informationen über Materialien, Produkte und Preise lassen sich transparent unter den Marktteilnehmern verteilen, es gibt weniger Fehlproduktionen oder Mangel an Baumaterial.
Damit verfolgt Kloeckner eine kluge "vertikale" Strategie: Das Unternehmen schafft eine Plattform für branchenspezifische Angebote, statt offen mit Anbietern horizontaler, branchenübergreifender B2B-Plattformen wie Alibaba zu konkurrieren. Beide Ansätze haben ihre Berechtigung und werden sich wohl auf lange Sicht parallel am Markt halten und einander ergänzen.
Wandel der Industrie steht bevor
Die Betreiber der dominanten Plattformen werden ihre Branche künftig anführen. Denn wer über die Plattform verfügt, macht die Regeln. Er hat die Daten und kontrolliert die Transaktions- und Kommunikationskanäle. Damit lassen sich unter anderem zusätzliche Erträge durch Provisionen für Transaktionen oder Marketingaktionen gewinnen.
Es ist abzusehen, dass sich die Anbieterlandschaft ausdünnen wird. Am Ende werden nur die Unternehmen bestehen, die ihre Prozesse früh digitalisiert haben und verstehen, wie Onlinegeschäft funktioniert. Der Schlüssel dazu ist Geschwindigkeit. Denn der Aufbau einer Plattform-Community braucht Zeit. Ein Blick in die Entwicklung anderer Branchen zeigt: Es sind die digitalen Pioniere von gestern, die heute den Markt beherrschen.
Die Leitmesse Digital Factory auf der HANNOVER MESSE ist der ideale Ort, um Ideen über Plattformstrategien für Fertigungsunternehmen auszutauschen und Wege in die digitale Zukunft zu finden.
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