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Doch die Idee ist technisch umsetzbar und hat auch schon einen wohlklingenden Namen: Power-to-Gas (P2G).

Überschüssige regenerative Energie wird dabei per Elektrolyse in Wasserstoff verwandelt. Dieser oder daraus in einem weiteren Aufbereitungsschritt produziertes Methangas können im Gasnetz transportiert und in Gasspeichern gebunkert werden. Wissenschaftler, Anlagenbauer und Energieversorger testen die Technik bereits intensiv in ersten Pilot- und Versuchsanlagen. Im Prinzip funktioniert die Technik schon – doch sie ist noch sehr teuer. Bis sie wirtschaftlich einsetzbar sein wird, ist es deshalb noch ein weiter Weg. Für die Energiewirtschaft könnte er sich lohnen. Denn Power-to-Gas verspricht auch für Zeiten, in denen keine Sonne scheint und kein Wind weht, eine gesicherte regenerative Stromversorgung. Die Branche hofft darauf, mit der wieder zu Strom verwandelten Ökoenergie aus P2G-Anlagen die naturbedingt unstete Stromerzeugung aus Wind und Sonne ergänzen zu können.

Und so zählen Energieversorger zu den Treibern der P2G-Entwicklung. Der E.ON-Konzern konnte im Sommer schon auf mehr als ein Jahr Erfahrung mit einer Pilotanlage im brandenburgischen Falkenhagen zurückblicken. Als zentrales Bauteil kommt dort ein alkalischer Elektrolyseur zum Einsatz. Die Anlage nordwestlich von Berlin verarbeitet Windstrom, der in dieser Gegend von zahlreichen Windrädern produziert wird. Mit einer elektrischen Eingangsleistung von 2 MW kann sie bis zu 360 Kubikmeter Wasserstoff pro Stunde erzeugen.

Dieser Wasserstoff wird in das Ferngasnetz des ostdeutschen Netzbetreibers Ontras eingespeist. Die derzeitigen Regeln erlauben, dass Erdgas bis zu zwei Prozent Wasserstoff enthalten darf – Experten halten auch einen höheren Anteil für möglich.

Einen Teil des in Falkenhagen erzeugten Wasserstoffs bietet E.ON ihren Gaskunden als Heizenergie unter dem Namen E.ON WindGas an. Auch der Partner Swissgas AG aus der Schweiz nimmt einen Teil ab. Eine gezielte Verstromung ist nicht vorgesehen. "In Falkenhagen haben wir wertvolle Erfahrungen für die Weiterentwicklung der Power-to-Gas-Technologie gesammelt", lautet das Zwischenfazit von Eon.

Das streben auch die zwölf Energieversorger des Stadtwerke-Netzwerks Thüga an, die im Mai in Frankfurt am Main eine P2G-Anlage in Betrieb genommen haben. Sie erzeugt mit 320 kW elektrischer Leistung etwa 60 Kubikmeter Wasserstoff pro Stunde. Die Unternehmen investierten 1,5 Mio. Euro.

Zum Einsatz kommt ein Elektrolyseur mit Protonen-Austausch-Membran (PEM), als dessen Vorteil die höhere Flexibilität gilt. Sie ermöglicht es, die Wasserstoffproduktion schnell rauf- und runter- oder im Teillastbereich zu fahren.

Die Anlage in Frankfurt soll während des auf drei Jahre angelegten Betriebs am Regelenergiemarkt teilnehmen und negative Regelenergie bereitstellen. Das heißt, sie soll dann Strom aus dem Netz abnehmen, wenn die Last dort sehr hoch ist und so das Stromnetz entlasten.

Herzstück der P2G-Anlage, die bis 2015 im Energiepark Mainz, nicht weit von Frankfurt entfernt, entstehen soll, ist ein von Siemens entwickeltes Wasserstoff-Elektrolysesystem mit drei neuartigen hochdynamischen PEM-Druckelektrolyseuren mit je 2 MW elektrischer Leistung. Sie wird mit 6 MW Gesamtleistung eine der größten in Deutschland sein. Beteiligt sind die Stadtwerke Mainz, die Industriekonzerne Linde und Siemens sowie die Hochschule RheinMain in Wiesbaden.

Der aus Windstrom erzeugte Wasserstoff soll entweder ins Gasnetz eingespeist und im Gaskraftwerk der Stadtwerke-Tochter Kraftwerke Mainz-Wiesbaden verstromt oder verflüssigt oder per Tankwagen zu Wasserstofftankstellen respektive zu industriellen Nutzern transportiert werden. Welcher Nutzungspfad der beste ist, soll in dem zunächst auf zwei Jahre angelegten Projekt erprobt werden.

Eine ebenso leistungsstarke P2G-Anlage wie die in Mainz geplante gibt es bislang nur im niedersächsischen Werlte. Der Generalunternehmer Etogas GmbH baute dort eine alkalische Elektrolyseanlage (6 MW), die stündlich bis zu 1 300 Kubikmeter Wasserstoff produziert. Betreiber ist der Autobauer Audi, der das produzierte Gas den Käufern seiner Erdgasautos als Ökosprit zur Verfügung stellt. Anders als in Falkenhagen, Frankfurt und Mainz wird der Wasserstoff in Werlte methanisiert, also in einem weiteren Aufbereitungsschritt zu synthetischem Erdgas verarbeitet.

Diese Veredelung ist zwar mit Umwandlungsverlusten verbunden, doch die Audi-Motoren vertragen keinen reinen Wasserstoff und der Autobauer will mit dem Projekt zeigen, dass Kraftstoff vollständig regenerativ hergestellt werden kann. Deshalb kommt auch das CO2, das für die Methanisierung des Wasserstoffs gebraucht wird, aus einer Biogasanlage des Oldenburger Energieversorgers EWE.

Experten sind sogar der Ansicht, dass Power-to-Gas den Durchbruch an der Tankstelle schaffen könnte. Die Wirtschaftlichkeit werde sich zuerst in der Mobilität zeigen, meint der Regensburger Energie-Professor Michael Sterner, einer der Pioniere der Technik. "Bei bestimmten Anwendungen, zum Beispiel im Mobilitätsbereich, sehen wir Möglichkeiten zu einem baldigen Einstieg in die kommerzielle Nutzung", heißt es auch bei Eon.

Wer sich über Fortschritte in dem Bereich informieren möchte, der sollte auf der HANNOVER MESSE 2015 den Bereich Hydrogen + Fuel Cells + Batteries besuchen. Dabei handelt es sich um Europas größte Veranstaltung zu Wasserstoff und Brennstoffzellen. Dort präsentieren 160 Unternehmen aus 22 Ländern Speichermöglichkeiten von regenerativ erzeugter Energie. In der angrenzenden Fachmesse MobiliTec geht es ebenfalls um mobile und stationäre Speichertechnologien, wobei dort das Thema Elektromobilität im Mittelpunkt steht. Insgesamt präsentieren damit mehr als 300 Unternehmen auf der HANNOVER MESSE Technologien und Lösungen für Mobilitäts- und Speicherkonzepte.

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